Theorie
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Einleitung
Wenn wir im weltlichen Leben etwas lernen wollen, beispielsweise Autofahren, dann gehen wir zum Fahrlehrer und nehmen bei ihm Fahrstunden. Er wird uns in Theorie und Praxis lernen, wie man Auto fährt. In solchen Fällen, egal ob wir einen Kochkurs, eine Sprache lernen wollen, oder in unserem Beispiel eben Autofahren lernen wollen, wissen wir ganz genau, dass wir nichts können und nichts wissen.
Ganz anderes wenn wir dem dhamma-vinaya begegnen. Da 'wissen' wir ganz genau, dass wir auf dem richtigen Weg sind und auch die richtige Ansicht haben, wir erleben unser Leben ja tagtäglich und das seit Geburt. Auf die Idee, das unser Wissen eben kein Wissen, sondern Unwissen ist, kommen wir gar nicht. Wenn wir beispielsweise der Teillehre von anattā zum ersten Mal begegnen und uns ein Mönch sagt, es gäbe gar kein Selbst, es gäbe gar kein Ich, dann lehnen wir seine Aussage automatisch ab, denn wir erleben das Selbst ständig, auch im Moment in dem der Mönch uns unterrichtet, dass es gar kein Ich gibt. Ich mag mich noch gut daran erinnern, wie sich mir damals die Nackenhaare aufstellten.
So ergeht es uns mit sehr vielen Teillehren, sie behaupten das Gegenteil von dem, was wir als richtig ansehen. Wir halten Essen, gerade wenn es unser Lieblingsessen ist, als sukkha, "Ich bin mein Körper" ist eben so selbstverständlich wie René Descartes Ausruf: "Ich denke, also bin ich!" und dass unser Körper von oben bis unten, sowohl innen wie aussen asubbha ist, das bestreiten wir auch, mindestens in Gedanken.
Zusammengefasst, grosse Teile des dhamma-vinaya lehnen wir ab. Die Ablehnung ist aber eine Unterform von Hass. ist Euch das schon aufgefallen? Wie kann ich etwas als wahr, als richtig annehmen, wenn ich es ablehne, vielleicht sogar hasse? Die Antwort ist ganz einfach, es geht nicht. Wir blockieren uns den Zugang zur Wahrheit selbst.
Einmal, vor vielen Jahren, habe ich einer Frau von dukkha erzählt, weil sie mir ihr Leid berichtet hat. Während ich erzählte hat sie zu weinen begonnen. Als ich geschlossen habe hat sie sich geschnäuzt, mich angesehen und gesagt: "Mir geht es gut, ich habe kein dukkha".
Ein ander Mal hat ein Mann behauptet, es gäbe kein Himmel und keine Hölle, das seien Hirngespinste religiöser Spinner. Der Mann war mal buddhistischer Mönch, wenn auch nur für wenige Tage. Auf die Verneinung von Himmel und Hölle kommt er, weil er am gleichen Tag zweimal gestorben ist und wiederbelebt wurde. Er sah während der Zeit, wo er tot war, weder Himmel noch Hölle und auch nicht das weisse Licht, von welchem Menschen mit Nahtoderfahrungen manchmal berichten. Als ich ihn darauf aufmerksam machte, dass dies kein Beweis für die Nichtexistenz von Himmel und Hölle ist, wurde er unflätig und beleidigend.
Ein anderer Mann kam mich hier im Kloster besuchen, er berichtet von seinem 'Wissen' welches er sich aus psychologischen und esoterischen Büchern angelesen hatte und zitierte auch oft seinen Vater, den er ganz offensichtlich für dessen 'Weisheit' bewundert. Als ich ihn stoppte und sagte, er sähe alles aus einem schiefen Winkel, wurde auch er unflätig, beleidigend und beschimpfte mich sogar.
Die zwei letzten Beispiele zeigen mir ganz deutlich auf, dass wir Menschen, selbst wenn wir gebildet sind, eine durchschnittliche bis hohe Intelligenz aufweisen und vermutlich eine gute Kinderstube genossen haben, uns selbst vergessen, wenn es darum geht, unsere Ansichten und Meinungen zu verteidigen. Bei beiden Männern ist es mehr als Ablehnung, bei beiden kann man schon von Hass sprechen, auch wenn sie mich körperlich nicht zu nahe getreten sind.
Buddhistisch gesehen hat bei allen Dreien das Ego, die kilesa, das Kommando übernommen, sonst hätten sie sich zurück gehalten. Wir müssen unsere Einstellung ständig hinterfragen, wenn wir uns weiter entwickeln wollen und es gibt in jedem kontemplativen Leben Situationen oder gar Phasen, so wie die Zurückhaltung mit aller Macht tun müssen. Um uns belehrbar zu machen müssen wir doch, wie im ersten Beispiel der Fahrschüler, davon ausgehen, dass wir nichts wissen. Oder wie ich es oft ausdrücke, dass wir dumm sind.
Je besser es uns zu Beginn gelingt, uns von bisherigen Ansichten und Meinungen zu öffnen, desto belehrbarer machen wir uns. All die falschen Ansichten und falschen Meinungen haben ja letztlich nur einen Zweck, unser Ego zu bilden. Je stärker wir unserem Ego vertrauen und folgen, desto unbelehrbarer sind wir. Ein guter Lehrer wird uns dabei helfen, das Ego als Illusion zu erkennen. Er wird uns mal zart, mal hart auf den richtigen Weg bringen. Eigentlich ist es ganz einfach, wir müssen nur das tun, was er uns aufgibt. Während dem Tun sehen wir automatisch, ob er Recht hat oder nicht. Wenn uns der Lehrer sagt, dass wir nach Norden gehen sollen und dann nach zwei Kilometern ein Stein am rechten Wegesrand kommt und von dort aus wir nach weiteren hundert Metern bei einer Kreuzung sind, wo wir rechts abbiegen müssen, dann können wir während dem Gehen überprüfen, ob da ein Stein ist und ob die Kreuzung kommt. Je weiter wir nach seinen Anweisungen gehen, desto mehr Fakten haben wir überprüft und für richtig befunden. Das stärkt unser Vertrauen in die Lehre, das Vertrauen in Buddha, Dhamma, Sangha und in unseren Lehrer.
Wenn wir die Geschichte des Buddhismus anschauen, wie er nach Europa kam, dann erkennen wir, dass er von Laien und nicht von Mönchen nach England und von dort in die deutschsprachigen Länder gebracht wurde. Die Laien die das übernahmen, waren im dhamma-vinaya unerfahren und haben ihn Buddhismus genannt, Buddhas Lehre. Unter ihnen waren Beamte und Wissenschaftler von Grossbritannien, aber keine Praktizierenden und schon gar keine Mönche.
So kam es, dass die ersten Übersetzungen durch Leute gemacht wurden, die vom Inhalt keinen blassen Schimmer gehabt haben und dessen Nachwirkungen bis heute spürbar sind. Wer nämlich dukkha als Leiden übersetzt und versteht, der versteht dukkha nicht, um mal nur ein Beispiel von vielen zu nennen. Das englische suffering und das Deutsche Leiden hat sich aber bis heute gehalten und sogar Mönche bedienen sich dieser mangelhaften Übersetzungen. Dann kommt noch hinzu, dass es für sehr viele Paliausdrücke gar keine treffende Deutsche Übersetzung gibt. Das hatte beispielsweise in Thailand zur Folge, dass die thailändische Sprache einer grossen Veränderung unterzogen wurde, als sie den dhamma-vinaya erhielten. In China dauerte es 200 Jahre, bis sich eine buddhistische Sprache herausgebildet hatte. In beiden Ländern hat der Staat diese Aufgabe koordiniert oder gar geführt.
In Europa haben sich dann Laien, anhand der fragwürdigen Übersetzungen daran gemacht, andere Laien zu lehren. Und so kommt es, dass in Deutschland, Österreich und der Schweiz Laien, Laien belehren, mit einer buddhistischen Lehre, die mit dem Original wenig bis nichts zu tun hat. Da aber das System für die Laien so gut funktioniert, verzichten sie auf die Gründung von Klöstern und die Einladung von Mönchen, die in diesen Ländern leben, praktizieren und lehren. Wisst Ihr, wie viele Klöster in Euren Ländern bestehen, in denen praktizierende Mönche leben? In Deutschland sind es gerade mal deren zwei, in der Schweiz ist es eines und Österreich hat keines. Das ist die Situation, mit der Ihr Euch konfrontiert seht. Der deutschsprachige Buddhist lernt von Lehrern, die gar nicht wissen, was sie lehren. Denn Lehrer, von der etymologischen Herkunft angeschaut, beinhaltet Wissen und Erfahrung. Wissen (vijjā) im spirituellen Sinn kann mit weltlichem Wissen nicht verglichen werden. Der Erhabene Buddha spricht in einem Gleichnis von dem Mann, der die Schlange am Schwanz packt, die Schlange ihren Kopf wendet und dem Mann in die Hand beisst. Genau so verhält es sich mit dem dhamma. Wer den dhamma lehrt, ohne ihn zu kennen, packt den dhamma am Schwanz und wird vom dhamma gebissen.
Vielleicht könnt Ihr jetzt nach diesen wenigen Zeilen erahnen, wie viel karunā (Mitleid) ich für Euch und Eure Situation empfinde? All die Lehrer, die (hoffentlich) in gutem Glauben etwas tun, was sie als gut erachten und all die Schüler, die in gutem Glauben ihre Kurse besuchen. Lehrer und Kurse die versprechen dhamma zu lehren, aber es eben nur versprechen. Und wie wenn das alles noch nicht schlimm genug ist, sind wir deutschsprachigen Menschen eher knausrig und geizig. Sicherlich nicht alle, aber die überwältigende Mehrheit. Hier in Thailand, in einem Dorf namens Nam Plik mit geschätzten 5'000 Einwohnern, haben wir vier Klöster. Zwei für die Scholastiker und zwei für die Praktiker. Wie die Lage in Euren Ländern ist, habe ich ja weiter oben beschrieben. Mir ist, als würde mir jemanden einen glühenden Dorn ins Herz stechen. Die wenigen Klöster die Ihr habt, leiden unter Geldmangel.
An dieser Stelle möchte ich Euch fragen, was Ihr eigentlich wollt? Was willst Du, der/die diese Zeilen hier liest? Willst Du die Originallehre des Erhabenen Buddhas lernen, den Weg der zum Ende von dukkha führt in Angriff nehmen? Jenen Weg, auf dem wir alle Illusionen verlieren? Oder willst Du in der Illusion stecken bleiben, dukkha weiter als ständiger Begleiter an Deiner Seite haben? Du hast die freie Entscheidung.
Wer den Edlen Achtfachen Pfad gehen will, der braucht nicht nur einen Lehrer, der braucht einen besonderen Lehrer, einen sogenannten ariya-puggala. Übersetzt heisst es Edle Person und gemeint sind all jene, die mindestens in den Strom eingetreten sind, maximal jene, die Araht geworden sind. Wer nicht in den Strom eingetreten ist, kann Euch den Weg in den Strom nicht lehren. Ihr geht ja auch nicht in einen Kochkurs zu jemandem der nicht kochen kann und ihr lernt nicht bei jemandem Auto fahren, der selbst noch nie Auto gefahren ist. Wenn ihr krank seid dann geht ihr nicht zum Metzger und nicht zum Maurer und auch nicht zum Gärtner.
Es gibt nur einen mir bekannten Menschen, der ohne Lehrer, den Weg zu Ende gegangen ist und das ist der Erhabene Buddha. Und selbst der Erhabene hatte für die Ruhemeditation zwei Lehrer aufgesucht. Zu Zeiten vom Ehrwürdigen Lehrmeister Man gab es in Thailand kein ariya-puggala, aber er hatte glücklicherweise savaka-arahats, Schüler des Erhabenen Buddhas, die ihn in seiner tiefen Meditation besuchten und lehrten, damit er den Weg zu Ende gehen konnte.
Ihr müsst eine Entscheidung treffen, wohin die Reise gehen soll, denn jetzt nicht zu entscheiden ist auch eine Entscheidung und das bedeutet, ihr wollt alles so belassen, wie es jetzt ist. Ihr wollt keine Lehrer, die Euch wirklich etwas lehren können, sondern ihr wollt weiterhin den Happy-Samsāra-Buddhismus, den Mickey Mouse Buddhismus praktizieren, der Euch von einer Illusion in die nächste führt. Bitte, ich bitte Euch in Eurem Sinne, im Sinne Eures citta, beginnt Euer buddhistisches Leben in die eigenen Hände zu nehmen.
Der Erhabene Buddha rät uns folgendes:
Wenn wir bei einem Lehrer sind, wo es angenehm ist und wo unsere Praxis keine Fortschritte macht, dann sollen wir den Lehrer verlassen und uns einen neuen suchen. Wenn wir aber bei einem Lehrer sind, wo es unangenehm ist, wo aber unsere Praxis Fortschritte macht, dann sollen wir bei diesem Lehrer bleiben. Wenn uns dieser Lehrer rausschmeisst, dann sollen wir unser Fehlverhalten korrigieren und zu ihm zurück kehren.
Der Ehrwürdige Lehrmeister Man hat seine Schüler auch rausgeschmissen, wenn sie störrisch waren. Dann trug er ihnen auf in die Wälder zu gehen, dort wo die Tiger lebten. Denn ein Tiger kann unter Umständen ein sehr guter Lehrer sein. Wenn mitten in der Nacht der Wald durch einen Schrei eines Tigers bebt, dann wir so mancher störrischer Mönch einsichtig.
Es gibt verschiedene Lehrer-Schüler Beziehungen. Wenn wir streng nach dem vinaya gehen, dann gibt es nur die Lehrer-Schüler Beziehung unter Mönchen. Denn nur wir Mönche geloben unserem Lehrer absoluten Gehorsam, wir ordnen uns ihm komplett unter. Was immer er uns aufträgt, dass tun wir. Übersetzt lautet diese Paliformel in etwa: "Von diesem Tag an soll die Bürde des Lehrers auch meine sein und ich werde des Lehrers Bürde sein."
So eng ist die Beziehung zwischen Mönchslehrer und Novize oder Nonne* nicht. Laien, die sich für Tage, Wochen oder Monate im Kloster bei einem Mönchslehrer aufhalten haben eine noch losere Beziehung. Am losesten ist das Verhältnis Lehrer zu Laie, der nur ab und an ins Kloster kommt. Das macht so Sinn und ist auch ganz und gar im Sinne des vinaya. Durch die verschiedenen Stufen der Lehrer-Schülerbeziehung ergibt sich dann auch eine Hierarchie innerhalb einer Gemeinschaf.
* In Thailand können Frauen weder die Novizin, noch Bhikkhunī werden. Nonnen in Thailand nennt man Mae Chi (ausgesprochen Mä Tschi) und sie unterziehen sich den acht sīla.
Immer wieder schreibe ich über die Symbiose zwischen Mönchen und Laien sowie Laien und Mönchen. Aber, was bitte schön ist eine Symbiose? Und weshalb hat der Erhabene Buddha dieser Symbiose so hohen Stellenwert eingeräumt?
Wenn wir einen Blick auf das Wort Symbiose werfen, dann kommen von verschiedenen Quellen her, folgende Definitionen und Erklärungen zustande:
- Zusammenleben zweiter Lebewesen verschiedener Arten zu beiderseitigem Vorteil;
- Symbiose (griechisch sym und bios) = zusammen und Leben
- Wechselseitige Abhängigkeit
- Der eine hat Dies, der andere hat Das, zusammen haben sie Dies und Das
Wir Waldmönche orientieren uns, so eng wie es heutzutage (noch) möglich ist, am vinaya, dem Mönchskodex des Erhabenen Buddhas. Im Palikanon ist an verschiedenen Stellen nachzulesen, dass Mönche Hauslose sind, sie haben ihren Hausstand aufgegeben und sind als Bettler in die Armut gezogen. Bhikkhu kann auch als Bettler übersetzt werden, solange wir im Hinterkopf behalten, dass ein Bhikkhu nicht offen betteln darf. So ziehen wir beispielsweise jeden Morgen auf der Almosenrunde durch ein Dorf, aber unsere Almosenschale haben wir unter der Robe verboren. Sprechen ist uns untersagt, so können wir nicht den Laien zurufen, sie sollen uns Almosenspeisen spenden. Der Blick ist beim Gehen auf die Strasse, etwa einen Meter vor uns, gesenkt und während dem wir Almosen empfangen, ist der Blick auf die eigene Almosenschale gerichtet. So können wir auch nicht mit Gesten oder Blicken um unser täglich Reis betteln.
Diese und viele weitere Regeln engen uns Mönche in der Selbstständigkeit ein. Es scheint so, als wolle der Erhabene Buddha, dass wir nur dann existieren können, wenn es Laien gibt, die zumindest Grosszügigkeit praktizieren. Denn gerade in der Versorgung mit lebenswichtigen Dingen, sind unsere Freiheiten sehr stark beschnitten. Es ist uns nicht erlaubt, einen Garten anzulegen, wir dürfen nicht ernten und kochen ist uns auch untersagt.
Wenn wir in einem Kloster leben, dann dürfen wir keine Blumen pflücken, kein Rasen mähen, keine Bäume und Hecken beschneiden und auch keine Bäume fällen. Wir dürfen in dem Falle noch nicht mal Laien darum bitten, dies für uns zu tun. Dies muss den Laien in den Sinn kommen und sie müssen es dann auch selbst tun. Mit diesen wenigen Beispielen will ich aufzeigen, dass ein Bhikkhu auf Laien angewiesen ist, weil sie etwas haben, was er nicht hat, respektive sie können etwas tun, was er nicht tun darf. Die Symbiose Laie zu Mönch ist damit erklärt.
Auf der anderen Seite haben wir die Symbiose Mönch zu Laie und diese Symbiose ist schwieriger zu erklären, weil sie weit in die Tiefen des Dhamma geht, dorthin wo selten ein Laie wirklich hinkommt. Dennoch will ich versuchen, es so anschaulich wie möglich zu erklären.
Erstens schauen wir mal an, was hat der Bhikkhu, was der Laie nicht hat:
- Praxiserfahrung. Wir Waldmönche spezialisieren und auf das citta-bhāvanā, das Geistestraining;
- Reinheit des Herzens: Spätestens alle vierzehn Tage, am Tage wo die pātimokkha rezitiert wird, sind wir von allen Verfehlungen rein;
- Entwicklung und Teilung von mettā und karunā;
- Wir geben den Laien die Möglichkeit, an uns die wertvollste Art von Grosszügigkeit und Tugend zu tätigen und zu entwickeln;
- Wir leben Harmonie, Wohlwollen, Mitleid, Kritiklosigkeit, Achtsamkeit, Geistesruhe, Grosszügigkeit, Tugend, etc. vor;
Ein jeder Laie mag den einen Punkt mehr gewichten als den anderen, das mag individuell verschieden sein. Hier soll es aber nicht gewichtet werden, sondern so neutral wie möglich dargelegt werden.
Die Praxiserfahrung spricht für sich. Die dauernde und Dauerhafte citta-bhāvanā, Tag für Tag, ohne Unterbruch, auch nicht am Sonntag oder am Buddhatag, entwickelt eine Kraft, die ich als Laie nie hinbekommen habe. Ab einem gewissen Punkt wir einiges des Geistestrainings zu einem Selbstläufer und es scheint so, als würde sich der Geist selbst schulen, sogar im Schlaf. So sind wir dann reich an Erfahrung und können auf sehr viele Probleme des weltlichen Alltags von Laien einen Lösungsansatz bieten.
Die Reinheit des Herzens muss vielleicht ein wenig erklärt werden. Sinngemäss rät uns der Erhabene Buddha, dass wir uns mit guten Menschen abgeben. Zwar sagt er es umgekehrt, nämlich, wir sollen uns von Idioten fern halten. Wobei er nicht Idiot gesagt hat, aber so habe ich mir damals diesen Rat gemerkt, so steckt er noch heute in meiner Erinnerung. Wenn wir uns also von schlechten Menschen fern halten sollen, dann können wir die sīla als Massstab nehmen. Wer sich ernsthaft in der sīla übt, der soll unser Weggefährte sein, von allen anderen halte ich mich fern. Aus diesem Blickwinkel gibt es demnach nichts wertvolleres, als dass sich Laien den Mönchen zuwenden. Die Mönche haben die Reinheit des Herzens und können zum Vorbild genommen werden. Zudem ist es sehr angenehm mit Menschen zusammen zu sein, bei denen nie ein schlechtes oder böses Wort über die Lippen kommt.
Teilen von mettā und karunā ist bereits eine Angelegenheit, die wir nur als erfahrende Praktizierende nachvollziehen können. Bis ihr soweit seid, empfehle ich, mit Glauben und Vertrauen an dieses Thema heran zu gehen. Wir teilen oft unser kamma, unser mettā und unser karunā mit allen Wesen. Diese Teilung erfolgt nach einer gewissen Regel, die ich nicht im Detail erläutern kann. Je enger, je näher mir ein Wesen steht, desto mehr bekommt es von der Teilung ab. Das heisst, die direkt Blutsverwandten, erhalten am meisten, Wesen mit denen ich noch nie Kontakt hatte, auch in früheren Leben nicht, erhalten am wenigsten. Wer wie viel abbekommt, kann ich nicht beeinflussen, zumindest wär mir so ein Akt der Beeinflussung nicht bekannt. Ihr könnt aber, indem ihr die Nähe eines Waldmönchen sucht, Euch selber in eine Position bringen, wo ihr mehr erhält, als jetzt.
Grosszügigkeit gegenüber Buddha, Dhamma und Sangha ist die qualitativ beste Grosszügigkeit. Wenn wir das vom Blickwinkel kamma erklären, dann ist diese Art von Freigiebigkeit das beste kamma, welches wir tun können. Da ich sowohl über kamma, als auch über Grosszügigkeit an anderer Stelle ausführlich geschrieben habe, möchte ich es bei diesem Hinweis belassen.
Bleibt noch der letzte Punkt, das Vorleben heilsamer Eigenschaften. Wir Menschen lernen auf verschiedene Art und Weise. Die eine Art ist, dass wir andere kopieren. Ein Kleinkind beispielsweise kopiert sehr viel. Auch wir Erwachsenen kopieren, meist unbewusst. Das alleine würde eigentlich schon Grund genug sein, aber einige Gedanken habe ich noch. Wenn wir die obigen Qualitäten nochmals wiederholen, Harmonie, Wohlwollen, Mitleid, Kritiklosigkeit, Achtsamkeit, Geistesruhe, Grosszügigkeit, Tugend, usw., dann können wir feststellen, dass alle diese Eigenschaften ein gutes Gefühl in unserem Herzen auslösen. Wir wollen uns doch gut fühlen, die Symbiose zwischen Laien und Mönch gibt genau das her. Je öfter wir uns in die Situation begeben, wo diese Qualitäten alles andere überragt, desto mehr können wir uns diesen Eigenschaften habhaft werden, desto mehr beginnen wir ihnen zu gleichen. Und je wohler wir uns fühlen, desto weniger haben wir das Bedürfnis, schlechtes kamma zu tätigen.
Natürlich ist meiner Erklärung von Symbiose im Verhältnis Laie zu Mönch und Mönch zu Laie für Euch nichts weiter als Theorie, ihr konntet sie noch nicht überprüfen. Ob ihr sie überprüfen wollt, hängt ganz alleine von Euch ab, niemand hindert Euch daran, nur Ihr selbst.
Bevor wir in die Grundlagen und Teillehren einsteigen, sollten wir uns mit Glauben und Denken vertraut machen. Mit Glauben ist keine spirituelle Fähigkeit gemeint, wie sie andere Religionen ins Zentrum ihres Schaffens stellen, sondern eine Funktion des Geistes, vergleichbar mit Erinnerung, Assoziation, Denken. In der Lehre des Erhabenen Buddha hat weder Glauben noch Denken einen besonderen Stellenwert, ganz im Gegenteil, beides sind Quellen von falschen Ansichten, Missverständnissen, Fehlinterpretationen und Spekulationen.
Beginnen wir mit dem Denken. Unser Geist ist so programmiert, dass er ständig irgendetwas denkt. Einzig im Augenblick des Einschlafens, hört er mit dem Denken auf. Nebenbei erwähnt, das könnte einer von mehreren Gründen sein, wieso wir in der Ruhemeditation plötzlich müde werden. Während dem Schlafen dann, ruht sich unser Geist nicht etwa aus, nein, er arbeitet munter weiter, beispielsweise mittels Träumen.
Wenn wir mal eine Weile lang unseren Gedanken zuhören, ganz so als wären es Stimmen von anderen Menschen und nicht unsere Gedanken, dann stellen wir kuriose Dinge fest. Zum Beispiel, dass wir über gerade Erlebtes nachdenken. Wir stecken uns einen Löffel Müsli in den Mund und anstatt wir mit der sati bei der Zunge und dem Geschmack verweilen, springt die sati zu den Gedanken, die darüber nachdenken, was da unten für Geschmäcker, und wie gut/scheusslich, will ich nicht/will ich mehr, usw. Durch das Denken verhindern wir also, im jeweiligen Augenblick zu verweilen.
Die zweite Gefahr des Denkens ist, dass alle Gedanken in der Ich-Form daher kommen. "Ich habe Hunger", "Ich muss aufs Klo", "Ich denke dies", "Ich denke das", "Ich bin fit und munter", "Ich bin müde", "Ich denke, also bin ich". Diese Aufzählung kann beliebig lang fortgesetzt werden. Wir hinterfragen nie, ob es wirklich Ich bin, der da denkt und wenn wir das hinterfragen, dann kommt uns René Descartes, ein französischer Philosoph, Mathematiker und Naturwissenschaftler in den Sinn, der sagte:
"Ich denke, also bin ich!" (cogito ergro sum)
Der Erhabene Buddha hat das ganz anders erkannt, er lehrt uns, dass Gedanken anattā und anicca sind und wenn wir uns daran festhalten, erzeugen wir dukkha. Das anattā der Gedanken, ja aller khandha beginnen wir langsam zu verstehen, wenn wir in der Ruhemeditation ins upacāra-samādhi gelangen. Bevor das erreicht ist, bleibt uns nur das zu glauben, vielleicht haben wir aber schon genügend praktiziert, dass wir dem Erhabenen Buddha vertrauen, das er mit seiner Aussage richtig liegt. Auf jeden Fall müssen wir solange üben, bis wir Glauben und Vertrauen überwunden haben, den beide führen nicht zur Befreiung, ganz im Gegenteil.
Denken, halten wir fest, es wird gedacht und dieses es sind nicht wir selbst. Mit ein wenig Meditationserfahrung ist auch bald mal klar, dass das Ich keine Macht über das Denken hat. Meister des Denkens zu werden ist ein sehr langwieriger Prozess. Weder können wir unserem Geist befehlen nicht zu denken, noch können wir ihm befehlen, er soll nur diesen oder nur jenen Gedanken nachgehen. Bitte versucht letzteres einmal während Eurer Meditation und ihr werdet selbst erfahren, dass der Erhabene Buddha wusste, wieso er den menschlichen Geist als Affengeist bezeichnete.
Die letzte Aussage zum Denken. Solange der Geist fähig ist zu denken, solange sind die kilesa handlungsfähig. Das bedeutet, wir wissen nicht, ob der der denkt, dhamma oder kilesa sind. Als ich das erkannte habe ich verstanden, dass aus Denken und Gedanken nie und nimmer die Wahrheit entstehen kann. Wir können uns dhamma nicht erdenken. Die These, dass alles Denken falsch ist, hat mich in meiner Praxis sehr weit gebracht. Deshalb kann ich ein genaues untersuchen dieses Themas nur wärmstens empfehlen.
Kommen wir zum Glauben. Glauben und Nichtglauben ist genau das Gleiche. Sowohl beim einen, noch beim anderen stehen wir mit leeren Händen da. Zu Beginn unseres buddhistischen Lebens aber, kommen wir um glauben nicht herum. Wir müssen der Lehre einen Vorschusskredit geben, uns belehrbar machen, indem wir das Gelehrte erst mal glauben und dann rasch überprüfen. Die meisten Menschen, die ich kenne, wollen genau diesen Schritt nicht tun. Natürlich haben sie immer gute Gründe. Das ist ja das Hinterhältige und Gefährliche der kilesa, sie haben immer logische und gute Gründe.
Vor Jahren hab ich mich also mal an den Schreibtisch gesetzt und aufgeschrieben, an was ich alles glaube. Beispielsweise glaube ich an den Sonnenaufgang und an den Sonnenuntergang. Ich glaube die Erde sei eine Kugel und sie drehe sich einerseits um sich selbst und andererseits um die Sonne. Ich glaube ich sei ein Mann. Ich glaube ich sei in einigen Themen klug, in anderen unwissend. Ich glaube Dies und ich glaube Das, aber jenes glaube ich nicht. Je länger die Liste wurde, desto klarer wurde mir, dass ich doof genug bin, viele Dinge zu glauben, obwohl ich eigentlich weiss, das dem nicht so ist. Das bedeutet, wir glauben an den Sonnenaufgang, obwohl wir doch alle wissen, dass die Sonne erst ein einziges Mal aufgegangen ist, zu Beginn dieses Universums. Untergegangen ist sie noch nie, das wird sie erst am letzten Tag dieses Universums. Seit dem einzigen Sonnenaufgang scheint die Sonne pausenlos, auch in der Nacht, auch bei allerdickstem Nebel, bei Schneefall genau so wie bei strahlendem Sonnenschein. Plötzlich wird einem klar, dass man einfach nur dumm ist zu glauben, man sei wissend, klug oder intelligent. All die romantischen Sonnenuntergänge die ich erlebt habe, gab es gar nicht, das waren alles Illusionen.
Ein Mensch, der seinen Geist nicht schult, kommt aus diesem Glauben nicht heraus. Nur der Praktizierende legt Glauben scheibchenweise ab. Wenn also, und das war mein Gedanke damals vor vielen Jahren, wenn also glauben so oder so stattfindet, wieso gebe ich dann nicht einfach mal der Lehre des Erhabenen Buddha eine Chance. Wieso mache ich mich nicht mal belehrbar indem ich allem was er lehrt, einfach so glaube und meinen Lehrer frage, wie ich meinen Glauben in Vertrauen und dann in Wissen ummünzen kann? Da nichts dagegen sprach habe ich so gehandelt und nach diesem Motto praktiziere ich noch heute. Noch immer gehe ich davon aus, dass es an mir liegt, wenn ich eine der Teillehren noch nicht verstanden und verwirklich habe, nie käme mir der Gedanke, mein Lehrer oder gar der Erhabene Buddha hätte da etwas falsches gelehrt.
Dhamma beinhaltet zwei Komponenten. Die erste ist die Wahrheit, Soheit, Wirklichkeit. Mich persönlich fasziniert der Begriff Soheit, denn er deutet darauf hin, das es so ist, wie es ist. Das heisst, Soheit ist das Gegenteil von Illusion. Die zweite Komponente von dhamma ist der Weg, der zur Soheit führt, oder anders ausgedrückt, die buddhistische Lehre.
In diesem Artikel bleiben wir bei der ersten Komponente das dhamma im Sinne von Wahrheit, Soheit und Wirklichkeit. Wir können uns dieses dhamma als eine Ebene vorstellen. Eine Ebene, die zu weiten Teilen im Verborgenen liegt, zumindest aus unserem derzeitigen Blickwinkel. Über dem dhamma liegt eine zweite Ebene, die wir konventionelle Realität nennen. Diese Ebene sehen wir, sie ist uns bestens vertraut, wir leben in ihr und gehen davon aus, sie sei Realität. Ist sie aber nicht, sie ist nur eine konventionelle Realität.
Wir müssen uns ein paar Gedanken über das Wort Konvention machen. Eine Konvention ist eine Übereinkunft. Die Wörterbücher kennen nur die Konventionen von Gruppen und Gesellschaften, wir müssen aber tiefer gehen, denn jeder Mensch erschafft sich seine eigenen Konventionen. Ein Beispiel einer gesellschaftlichen Konvention ist der Sonnenaufgang. Seit Kopernikus und Gallileo Gallilei wissen wir, dass die Sonne nicht auf und auch nicht unter geht. Trotzdem sprechen alle von Sonnenauf- und Sonnenuntergang. Was auf der dhamma-Ebene eine Illusion ist, haben wir auf der konventionellen Ebene zur Realität deklariert.
Wenn wir unser gegenwärtiges Dasein analysieren, dann merken wir im verlaufen tausender Stunden buddhistischer Praxis, wie gross die Disharmonie zwischen dhamma und konventioneller Realität ist. Unser Bestreben in der Praxis ist, scheibchenweise Disharmonie abzubauen und unsere individuelle Realität der Soheit anzupassen.
Dazu ein Beispiel aus dem Thema kamma. Dass nur derjenige ermordet wird, der früher selbst gemordet hat, wollen wir auf der konventionellen Ebene nicht wahrhaben. Das löst eine ganze Reihe von schlechtem kamma bei uns aus. Beispielsweise bedauern wir das Opfer und wir hassen den Täter. Hätten wir beide Ebenen bereits harmonisiert, dann würden wir sowohl Opfer, als auch Täter mit mettā und zwar in gleichem Masse, bedenken. Denn beide sind sowohl Täter, als auch Opfer, nur zeitlich und über verschiedene Leben versetzt.
Ein ganz anderes Beispiel für die beiden Ebenen möchte ich hier anfügen. Für mich persönlich war es nicht nur ein Meilenstein meines buddhistischen Weges, sondern weit mehr. Goethe lässt den Faust einsichtig ausrufen: "Zwei Seelen wohnen Ach in meiner Brust!" Er trifft den Nagel genau auf den Kopf, auch wenn wir in der buddhistischen Terminologie nicht von Seele sprechen. In unserer Brust wohnen zwei Mächte und diese beiden Mächte waren mal Eins. Irgendwie ist dieses Eins in zwei Hälften zerbrochen. Wenn wir nibbāna erreichen, dann vereinen wir die beiden Mächte wieder. Ein Arahat nennt man Heiliger, weil er den Bruch in seiner Brust geheilt hat, er ist heil geworden.
Wenn Eins in zwei Häften zerbricht, dann fehlt der einen Hälfte die andere und umgekehrt. Genau das führt zu unserer tiefen Sehnsucht, uns geborgen zu fühlen, uns gut aufgehoben zu fühlen und Zuhause zu fühlen. Ganz tief in uns drin scheint eine Erinnerung an damals zu schlummern, damals als wir heil und Eins waren und diese Erinnerung löst die Sehnsucht aus. Aus dieser Sehnsucht, gepaart mit unserer unendlichen Dummheit, versuchen wir auf falschem Wege wieder Eins zu werden. Wir denken, dass wenn wir uns eine schöne Wohnung oder gar ein schönes Haus zulegen, dann wären wir Zuhause, geborgen so wie damals, vor vielen Milliarden Leben. Oder wir betäuben unseren Geist durch Alkohol, Drogen und Psychopharmaka. Oder wir gehen Beziehungen ein, wir suchen unsere 'bessere Hälfte', den passenden Deckel auf den Topf. Oder wir erarbeiten uns Macht und Ansehen im Beruf, oder im Sport, oder versuchen uns im Hobby selbst zu verwirklichen. Auch Kinder, Besitztümer und Haustiere haben nur einen einzigen Zweck, wir wollen wieder Eins sein.
Aber wie können wir unser gebrochenes Herz einen, wenn wir unsere Aktivitäten ausserhalb dieses kaputten Herzens geschehen lassen. Der buddhistische Weg der Praxis geht nicht nach aussen, sondern nach innen. Die Praxis lässt unser Herz gesunden, die zwei Mächte vereinen sich wieder und wenn wir letztlich geheilt sind, ist die tiefe Sehnsucht gestillt. Dass diese Worte nicht nur Theorie oder gar Blabla sind beweisst uns das appanā-samādhi. In der vollen Sammlung nämlich vereinen sich die beiden Mächte in einem einzigen Punkt. Der Geist befindet sich im ekaggatā, wir sind Zuhause, solange wir im appanā-samādhi verweilen. Der Ehrwürdige Lehrmeister Maha Bua lehrte seine Schüler, dass dieser Geisteszustand die Vorschau auf nibbāna sei. Wer diesen Zustand einmal erlebt hat, weiss, was absolutes Glück wirklich ist, denn er war Zuhause.
Menschen ohne diese tiefe Samādhierfahrung fühlen sich schnell mal alleine und einsam, was eine Form von dukkha ist und feine, aber auch grobe Züge annehmen kann. Dass wir immer und überall alleine sind, ist uns gar nicht bewusst. Hier klafft die Soheit und unsere individuelle Realität meilenweit auseinander. Während der Schwangerschaft beispielsweise kommen sich Mutter und Kind sehr nahe, so nahe wie möglich. Aber sowohl Mutter, als auch Kind, sind alleine. Während der Geburt sind beide ganz alleine, auch wenn im Gebärsaal Arzt, Hebamme, Schwestern, sowie Mann und Vater auf die Niederkunft warten und helfend beiseite stehen. Das ganze Leben über sind wir alleine, auch wenn wir uns mit Freunden zum Essen und guten Gesprächen treffen, oder zu Zeiten, als wir mit 20 anderen Kinder die Schulbank drückten. Ja selbst beim wohl intimsten Moment, dem Geschlechtsverkehr, wo der eine im anderen drin steckt, sind beide alleine. Und irgendwann kommt der Tod und dann sterben wir auch ganz alleine. Es spielt keine Rolle, ob uns jemand die Hand hält und liebevoll mit uns spricht, oder ob wir einsam und alleine irgendwo in der Wildnis in einer Einsiedlerhöhle sterben, wir tun es auf jeden Fall alleine. Das was wir von Zweisamkeit erhoffen, kann und wird niemals eintreffen, weil dies eine Erwartung der konventionellen Ebene ist und nicht in Einklang mit der Ebene des dhamma steht.
Die Dhammaebene ist, wie es ist, die Soheit. Die konventionelle Realität können wir verändern, indem wir die Rechte Ansicht entwickeln. Die rechte Ansicht ist ja der erste Edle Pfad. In der Regel wollen wir aber nicht die Rechte Ansicht kultivieren, sondern, arrogant, dumm und überheblich wie wir Menschen nun mal sind, soll sich gefälligst das dhamma an unsere Ansicht anpassen. Wir versuchen seit vielen Milliarden von Leben dieses dhamma an unsere individuelle Wahrheit anzupassen und für diesen aussichtslosen Kampf haben wir unendlich viel Zeit und Energie. Sobald wir uns aber im dhamma üben wollen, haben keine Zeit, oder wir werden sehr schnell müde. Da stimmt doch etwas nicht! Wieso streben wir nicht danach, Mitgestallter in einer Dhammagemeinschaft zu sein? In einer Gemeinschaft deren Symbiose einen deutlichen Mehrwert für alle ergibt. Anstelle dessen tun wir uns in Gemeinschaften und Beziehungen zusammen, wo eine Illusion angestrebt wird und sehr oft, alle Mitglieder als Verlierer vom Platz gehen.
So verhält es sich mit den zwei Ebenen von konventioneller Realität zum dhamma. Eine jede Ebene hat eine eigene Sprache. Aus Sicht des dhamma gibt es nur zwei Sprachen. Jene des dhamma und jene der Worte. Englisch, Französisch, Deutsch, Thailändisch, das ist alles ein und die selbst Sprache, jene der Worte. Die Sprache der Worte findet im Geist statt, Worte sind Bestandteil von Denken. Dhamma fängt aber erst dann an, wenn Denken aufhört, denn erst dann kann das Herz seine Arbeit tun und dhamma freilegen. Deshalb lehrte der Erhabene Buddha den Weg der Praxis und nicht jenen der Theorie. Er empfahl keinem Mönch und keinem Laien, den Palikanon zu studieren. Er empfahl niemandem, irgendwelche Glaubenssätze aufzusagen und zwar solange, bis die Befreiung eintritt. Er empfahl, den Edlen Achtfachen Pfad zu gehen, das und nichts anderes empfahl er.
Einführung
Bevor der Erhabene Buddha den Menschen die Lehre darlegte, vergewisserte er sich erst, dass sie die Grundlagen begriffen hatten. Tun wir es ihm also gleich und starten genau dort, wo es der Erhabene selbst jeweils getan hat. In der Palisprache heissen diese Grundlagen ānupubbī-kathā, was meist als stufenweise Heranführung an die Lehre übersetzt wird. Aus der Praxis aber weiss ich, dass gerade diese Grundlagen, wesentlicher Bestandteil der Lehre und der Praxis selbst sind. So nenne ich die ānupubbī-kathā fortan Tugend des Buddhisten, weil es, in meinen Augen, treffender ausdrückt, um was es geht. Alle diese Tugenden müssen wir solange entfalten, bis wir die volle Erwachung bewerkstelligt haben.
Aus eigener Erfahrung und aus zahlreicher Erfahrung mit anderen Menschen weiss ich, dass diese Grundlagen über Gedeih und Verderb entscheidet. Warum dem so ist, versuche ich hier im Detail zu erklären.
"Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust!",
lässt Goethe den Faust laut ausrufen. Und damit trifft er den Nagel genau auf den Kopf. In unserem Herzen wohnen zwei Mächte, die sich ständig gegenseitig bekämpfen. Die eine Macht, schwach wie ein kränkelndes Kind, nennt sich Dhamma, die gute Macht. Auf der anderen Seite, stark wie ein Elefant, die drei kilesa, Gier, Hass und Verblendung, die schlechte Macht. Diese zwei Mächte streiten sich darum, wer in uns gerade das Sagen hat und bestimmen darf, was wir denken, sprechen und tun.
Wenn wir die Lehre des Erhabenen Buddha als Weg der Befreiung sehen, dann geht es darum, uns von Gier, Hass und Verblendung zu befreien. Und glaub ja nicht, Du hättest keine Gier und keinen Hass in Deinem Herzen, da hätte fatale Folgen. Weil wir Gier und Hass im Herzen haben, wurden wir überhaupt geboren. Es kann gar nicht sein, dass irgendjemand ohne Gier und Hass geboren wurde. Selbst der Erhabene Buddha hatte bei seiner Geburt noch Gier und Hass in seinem Herzen.
Da das aber schlechte Eigenschaften sind, wollen wir nicht wahrhaben, dass wir unter ihrer Macht stehen. Wenn wir ernsthaft praktizieren und tief in unser Wesen eindringen beginnen wir zu erkennen, wie clever sie uns an der Nase herum führen, denn viele Eigenschaften, die wir heute noch als gut und erstrebenswert erachten, die Liebe beispielsweise, bestehen aus Gier und Hass. Es ist wahrlich nicht leicht, dies einzugestehen und genau deshalb brauchen wir die Grundlagen. Wir müssen so wertvolle Eigenschaften wie Anstand, Moral, Grosszügigkeit, Respekt, Dankbarkeit und Hochachtung entwickeln und stetig veredeln.
Wenn wir diese Eigenschaften nicht kultivieren, wie wollen wir an uns selbst arbeiten. Wie kann man gegen den Hass ankämpfen, wenn man nicht grosszügig zu sich selbst ist und denkt: "Im Moment ist der Hass da, deshalb werde ich weder den Hass, noch mich selbst hassen, sondern Schritt für Schritt dem Hass entgegentreten und ihn mindern." Eine solche Einstellung sich selbst gegenüber benötigt ein hohes Mass an Grosszügigkeit, Respekt, Anstand und Achtung.
Dass beispielsweise Respekt und Achtung noch gering sind, könnt Ihr an Eurem Verhalten Euch selbst gegenüber anschauen. Schaut mal über den Tag gesehen, wie viele Mal hattet Ihr Euch schlecht gefühlt, und wie viele Male gut. All die schlechten Gefühle in unserem Herzen sind da drin, weil wir sie erzeugen. Wir sind die Ursache unserer eigenen Gefühle. Es sind nicht die Politiker, nicht die Lehrer, nicht die Eltern, nicht die Arbeitskollegen, ja noch nicht mal die Terroristen, die uns ein schlechtes Gefühl ins Herz bringen. Haben wir so wenig Achtung und Respekt vor uns selbst, dass wir uns dauernd schlechte Gefühle erzeugen. Ja, genau so ist es. Genau so und nicht anders.
Aus diesen, oben genannten Gründen, ist es enorm wichtig, sich mit einer höchstmöglichen Sorgfalt der Grundlagen des Buddhismus anzunehmen. Ihr könnt im Laufe der Zeit selbst feststellen, dass Grosszügigkeit mit materiellen Dingen den wichtigen Effekt hat, dass loslassen von falschen Ansichten und Meinungen, loslassen von Hass und Gier, einfacher von statten geht.
Mir ist schleierhaft, weshalb die Scholastiker die ānupubbī-kathā als schrittweise Heranführung an die Lehre bezeichnen, für mich und ich spreche aus Erfahrung, sind wir mit den Grundlagen, bereits mitten drin. Und ich kann Euch versichern, ohne diese Grundlagen, werdet Ihr nie und nimmer erfolgreich praktizieren können.
Als Kind habe ich gelernt, danke zu sagen, wenn ich etwas bekommen habe. Genau so habe ich auch meine Kinder erzogen und ich gehe davon aus, dass auch Ihr so erzogen wurdet. Heute würde ich meine Kinder anders erziehen, sie sollen nicht einfach nur danke sagen, denn das kann ein Papagei auch. Primär sollen sie dankbar sein und aus dieser Dankbarkeit heraus, danke sagen. Aber wichtig ist es, dankbar zu sein. Es ist nämlich sehr gut möglich, danke zu sagen ohne dankbar zu sein und Dankbarkeit ist eine sehr heilsame Eigenschaft, die wir kultivieren müssen. Leider ist auch das eine Ding, welches in den vergangenen Jahrzehnten fast gänzlich verloren gegangen ist.
Was in der Aufzählung fehlt, hier aber unbedingt angefügt werden muss, ist der Hinweis auf Kritik. In Abweichung zum Palikanon ist bei uns Waldmönchen jegliche Art von Kritik verpönt. Das hat Auswirkungen in alle thailändische Klöster und sehr weit in die thailändische Gesellschaft hinein. Bei uns im Kloster ist es so, dass derjenige, der einen anderen Mönch kritisiert, und sei es auch noch so gut gemeint, der kann seine sieben Sachen packen und muss das Kloster verlassen. Kritik ist ein absolutes no go. Geht nicht.
Lange Zeit habe ich mich über das gewundert und habe sogar gedacht, den Mönchen hier seien ihre Brüder egal, weil sie sie auf Fehler, nicht aufmerksam machten. Durch das Leben und Erleben im Kloster habe ich aber am eigenen Leib mitbekommen, wie angenehm es ist, nicht kritisiert zu werden. Wir haben hier die wunderschöne Situation, sehr harmonisch, dass wir solange Fehler machen dürfen, bis wir selbst einsehen, dass dies oder das ein Fehler ist. Der einzige Mönch der kritisieren darf und es tut, ist der Lehrer und er tut das sehr dominant. Alle anderen Mönche haben sich auf sich selbst zu besinnen. Je länger ich in diesem Kloster lebe, desto angenehmer fühle ich mich, trotz der harten Praxis. Und denken wir daran, keine Kritik an anderen beinhaltet auch keine Kritik an uns selbst. Wir dürfen Hass und Gier nicht mit Hass bekämpfen.
Bei den deutschsprachigen Buddhisten sieht es ganz anders aus, hier ist die Kritik an der Tagesordnung. Einige scheinen es sich zur Lebensaufgabe gemacht zu haben, andere zu kritisieren, natürlich immer unter dem Deckmantel von Wohlwollen und Güte (mettā). Bitte lasst das sein, Ihr seht in anderen sowieso nur Eure eigenen Fehler und Unzulänglichkeiten. Kritik hat mit Wohlwollen und Güte nichts zu tun und deshalb wollen wir nie wieder kritisieren. Das ist dann auch ein Teil des Anstandes, der bei uns Westlern leider fast gänzlich abhanden gekommen ist. Ein Mönch übt sich in der hohen sīla. Sīla kann als Ethik, Moral, Sittlichkeit bezeichnet werden. Und wir üben uns nicht nur darin, sondern wir machen jeden Fehler wieder gut, so dass wir spätestens alle 14 Tage, wenn wir die pāthimokka (Mönchskodex, oder Mönchsregeln) rezitieren, rein sind. Deshalb sind Mönche der Ehre würdig und deshalb spricht man sie mit Ehrwürdiger an. Es sei denn, man hat vor so viel Reinheit keine Achtung. Aber dann braucht Ihr hier nicht weiter zu lesen, dann bringt Euch die buddhistische Lehre nichts. Dann verachtet Ihr nicht nur die Mönche, sondern auch Euch selbst und somit verhindert Ihr eine Verhaltensänderung.
Ein sehr wichtiger Bestandteil unserer buddhistischen Praxis ist die Großzügigkeit. Mit der Grosszügigkeit können wir den Erfolg unserer Handlungen beeinflussen. Deshalb möchte ich dieses Thema ein wenig detaillierter besprechen als andere Themen.
Geiz ist eine Unterform der drei kilesa und wir teilen den Geiz in die Kategorie der Gier ein. Zuerst möchte ich Euch fragen, ob ihr gerne mit geizigen Menschen zusammen seid? Alleine mit dieser Frage, ist eigentlich schon alles gesagt. Niemand ist gerne mit geizigen Leuten zusammen, noch nicht mal Geizhälse mögen geizige Menschen. Es wird noch dramatischer, denn geizige Menschen mögen nicht mal sich selbst.
Nun ist es so, dass wir zu uns selbst uns genau so verhalten, wie wir uns anderen gegenüber verhalten. Wenn wir gierig und geizig sind, dann wollen wir immer mehr haben, aber nichts weggeben. Wir wollen noch nicht mal unsere schlechten Eigenschaften loslassen und eine falsche Ansicht zu besitzen scheint uns reizvoller zu sein, als keine Ansicht zu haben.
Grobe Formen von Geiz können sehr einfach erkannt werden, den Geiz löst in unserem Herzen ein schlechtes Gefühl aus. Das direkte Gegenteil von Geiz ist die Grosszügigkeit, manchmal auch Freigebigkeit genannt. Im Buddhismus sprechen wir von dāna und ist eine der zehn Vollkommenheiten, welche wir pārami nennen. Grosszügig zu sein geht immer einher mit einem guten Gefühl in unserem Herzen, selbst bei geizigen Menschen.
Grosszügigkeit ist der erste Schritt vom Loslassen. Mir begegnen immer wieder Menschen, die vom Loslassen sprechen. "Du musst loslassen!" ist wohl einer der meisten Ratschläge an Freunde, die gerade in einer Krise stecken. Nur weiss niemand, wie man loslässt. Loslassen ist nämlich gar nicht so einfach, für geizige Menschen kann es gar zur einzigen Lebensaufgabe werden. Wir müssen erkennen, dass wir uns jederzeit im Loslassen und damit in Großzügigkeit üben müssen. Freigebigkeit umfasst alle Bereiche und Themen unseres Lebens und hat enormen Einfluss auf unsere Psyche und unsere Entwicklung. Ein geiziger Mensch kann noch nicht mal freundlich sein, lieber haftet er an seinem Missmut an, als dass er ihn loslässt.
Obwohl wir Menschen im weltlichen Leben eine Gier nach materiellen Sachen pflegen, haften wir weit stärker an geistigen Dingen an, nur ist das noch verborgener, als unsere materielle Gier. Das bedeutet, dass es einfacher ist, Materie loszulassen, als etwa Gedanken, Vermutungen, Ansichten und Meinungen. Was für Euch jetzt vielleicht negativ, deprimierend oder gar hoffnungslos erscheint, ist in Wahrheit eine sehr gute Information. Denn sobald wir das erkennen, wissen wir auch, wo wir den Hebel ansetzen können. Wir beginnen, uns in Grosszügigkeit zu üben. Grosszügig sein kann man mit groben Dingen wie Geld, Essen, Kleidung, Büchern, u.s.w. und mündet in feineren Formen wie Respekt, Achtung, Freundlichkeit, Akzeptanz und anderem. Wie wollen wir uns selbst, mit Gier und Hass im Herzen akzeptieren und uns selbst freundlich gegenüber treten, wenn wir nicht grosszügig sind? Und genau so, wie wir uns selbst gegenüber eingestellt sind, so sind wir es auch gegenüber unseren Mitmenschen und unserer Umwelt.
Geiz und sein Gegenteil die Großzügigkeit sind kamma und ein jedes kamma hat seine vipāka. Gier, Hass und Verblendung arbeiten Hand in Hand und deshalb kann man davon ausgehen, dass je gieriger ein Mensch ist, auch sein Hass zunimmt. Im Umkehrschluss bedeutet es, dass je großzügiger jemand ist, desto weniger Hass hat diese Person. Wir können daraus jetzt aber nicht den Trugschluss ziehen, dass wir durch Großzügigkeit alleine alle Probleme lösen können, dennoch zeigt es sehr deutlich auf, welche zentrale Rolle die Großzügigkeit in unserer spirituellen Entwicklung einnimmt.
Letztlich möchte ich den Bogen zum Thema: Grundlage des Buddhismus spannen und besonders mit dem Thema Hochachtung verbinden. Welchem Ideal wir uns zuwenden und es achten sollte eigentlich für einen Buddhisten klar sein. Das Wort eigentlich schreibe ich deshalb, weil es im deutschsprachigen Buddhismus nicht klar ist. Weder Buddha, Dhamma, Sangha, noch den praktizierenden Mönchen wird Hochachtung entgegen gebracht, was sich natürlich dann auch in der Großzügigkeit niederschlägt. So kommt es, dass es in Deutschland nur zwei, in der Schweiz nur ein und in Österreich gar kein Waldkloster gibt. Das ist eine sehr traurige Sache und ihr habt mein ganzes Mitleid.
Das Wort Zufluchtnahme besteht aus drei Teilen, zu, Flucht und nahme. Das Zu beschreibt eine Bewegung hin zu etwas. Flucht kommt von fliehen. Wir fliehen also vor etwas weg, hin zu etwas. Und nahme kommt von nehmen.
Fliehen tun wir weg von dukkha, hin zur Buddha, Dhamma, Sangha, was uns Schutz bieten und diesen Schutz nehmen wir in Anspruch.
Buddham saranam gacchāmi, zum Erhabenen Buddha nehme ich Zuflucht
Dhammam saranam gacchāmi, zum Dhamma nehme ich Zuflucht
Sangham saranam gacchāmi, zur Sangha nehme ich Zuflucht
Was die Zufluchtnahme konkret bedeutet, ist eine höchst individuelle Angelegenheit. Zu Beginn mag das eine recht vage Zufluchtnahme sein und sich im Verlauf unserer Praxis verändern, denn Zufluchtnahme hat sehr viel mit Vertrauen zu tun. Vertrauen wiederum müssen wir uns selbst erarbeiten. Je mehr es uns gelingt, die Lehre zu praktizieren, desto mehr verändern wir uns und je konkreter werden die Aussagen von Buddha, Dhamma, Sangha für uns. Oder anders gesagt, je besser wir praktizieren, desto wahrer werden Buddha, Dhamma und Sangha.
Für mich ist die regelmässige Zufluchtnahme eine stetige Bejahung meines Weges als Buddhist und seit meiner Ordination als Mönch. Wiederholt Ja zum Guten zu sagen hat den psychologischen Effekt, gut zu werden. Dorthin, wo ich meinen Geist lenke und ihn damit beschäftige, dem beginne ich zu gleichen und letztlich werde ich zu dem. So habe ich heute sehr viel weniger Mühe, gute und heilsame Gedanken zu pflegen, als früher.
Sīla kann als Ethik, Moral und Sittlichkeit übersetzt werden. Buddhisten, die Zuflucht zu Buddha, Dhamma und Sangha nehmen, geloben, sich in fünf Sīlaregeln zu üben. Warum fordert uns der Erhabene Buddha auf, uns in den sīla zu üben, weshalb bestimmt er nicht, dass wir uns daran halten?
Zu Beginn meines buddhistischen Lebens fand ich es sehr schön und angenehm, dass ich mich nur üben brauche und nicht dazu gezwungen werde, sie dauerhaft ein zu halten. Das gab mir die Freiheit und Recht, zu tun und zu lassen, was ich für richtig und falsch hielt. Dass diese Einstellung einer komplett falschen Ansicht entsprang, wusste ich damals nicht.
Der Erhabene Buddha wusste, dass nicht jeder Mensch auf Anhieb die fünf sīla einhalten kann, deshalb legt er uns nahe, uns darin zu üben und zwar solange, bis wir sie einhalten können. Ab diesem Punkt praktizieren wir sie solange, bis sie uns 'in Fleisch und Blut' übergegangen sind, oder anders ausgedrückt, bis unser Wesen zu sīla wurde.
Um Ethik, Moral und Sittlichkeit auf einen einzigen Nenner zu bringen und daraus einen Merksatz zu machen, der uns durch unser buddhistisches Leben tragen kann, können wir alles in folgender Redewendung zusammen fassen:
"Was Du nicht willst, dass Dir man tut, das füg auch keinem anderen zu!"
Es macht Sinn und zeigt raschen Erfolg, wenn wir uns vor jeder kammischen Handlung fragen, ob wir es gerne hätten, wenn jemand das uns antut, was wir gerade gedenken zu tun.
Der Ehrwürdige Lehrmeister Man hat seinen Schülern mal folgendes gesagt:
"Ich befolge nur eine einzige Regel, ich lasse nichts böses in meinen Geist eindringen!"
An dieser Stelle möchte ich Euch auf die Dummheit der Menschen aufmerksam machen. Albert Einstein sagte, die Dummheit der Menschen sei grenzenlos und alle, mit denen ich bisher über diese Aussage gesprochen habe, konnten sich voll damit identifizieren ... bis zum Zeitpunkt, wo ich dann schlussfolgerte, dass Du und ich auch Menschen sind und folglich auch wir grenzenlos dumm sind. Wo immer ich hinblicke, ob in mein Wesen oder nach aussen auf andere Menschen, ich finde nur die Bestätigung von Einsteins Aussage. Natürlich gibt es ganz, ganz wenige Ausnahmen, aber die sind so gering, dass man sie kaum findet. Ich selbst bin nur drei Mönchen begegnet, von denen man weiss oder vermutet, dass sie ihre Dummheit überwunden haben.
Wie dumm und egoistisch wir gerade jetzt sind, möchte ich an einem kleinen Beispiel erörtern. Stell Dir vor, Du bist auf der Suche nach einem Partner. Möchtest Du einen Partner haben, der andere Menschen und Dir leid zufügt? Möchtest Du einen Partner haben, der Dinge nimmt, die ihm nicht gehören? Möchtest Du einen Partner haben, der Dich sexuell betrügt oder sexuell missbraucht (im Sinne von Ausbeutung, Machtausübung)? Möchtest Du einen Partner haben, der lügt, der beschimpft, der unanständige Dinge sagt, der droht und eine grobe Sprache spricht? Und möchtest Du einen Partner haben, der nicht bei Sinnen ist? Der törichte Dinge tut, weil er seinen Geist nicht im Griff hat?
Wir geloben, das wir uns darin üben:
1. Keinem Wesen Leid zuzufügen;
2. Nicht zu nehmen, was uns nicht gegeben wurde;
3. Verzicht auf sexuelles Fehlverhalten
4. Die rechte Rede zu führen;
5. Keine sinnesverändernden Substanzen (Alkohol, Drogen, Psychopharmaka, etc. zu uns zu nehmen.
Wenn Ihr beispielsweise kritisiert werdet, ohne dass Ihr Kritik erbeten habt, fühlt sich das gut oder schlecht an? Jemandem etwas zu leide zu tun, kann halt auch ganz feine Formen annehmen, wie beispielsweise diese Art von Kritik und noch mit feineren und subtileren Mitteln kann man jemanden verletzen, in dem man Fragen stellt. Nicht eine jede Frage zeugt von Wohlwollen und Weisheit, in so mancher Frage verbirgt sich Gier und Hass. Soviel als Inspiration zur ersten sīla.
Zur zweiten sīla gibt es eigentlich nichts zu sagen, es geht ums Stehlen. Bei der dritten sīla ist nicht nur die Untreue gemeint, sondern auch sexuelle Beziehungen zwischen Personen, die in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen. Beispielsweise Lehrer-Schüler, Therapeut-Patient oder Chef-Angestellter.
Die vierte sīla der rechten Rede ist höchstwahrscheinlich jene, welche am meisten zu üben gibt. Wie schnell haben wir etwas gesagt, was sich später als schlechte Rede herausstellt. Natürlich, ohne ein gutes Mass an sati bekommen wir nur nur die ganz groben Dinge mit, aber auch mit 50% sati sind wir erst soweit, dass wir gut von schlecht unterscheiden können, wenn es bereits gesagt wurde. Erst mit 50% sati haben wir die Chance, das Gesagte wahrzunehmen. Die Redewendung: "Wie soll ich wissen was ich denke, bevor ich gehört habe was ich sage", stimmt also erst mit einer halben Ladung sati. Das ist einer der Gründe, weshalb wir Mönche so wenig sprechen und wir beschränken uns dabei einzig und alleine auf Themen des Dhamma. Über Kritik wurde und wird noch viel geschrieben, hier an dieser Stelle soll einfach der schlichte Hinweis stehen, dass wir uns hüten, jegliche Art von Kritik zu üben. Auch ein Punkt der rechten Rede ist das verbreiten von Gerüchten. Das geht ganz schnell, eine falsche Frage und schon ist ein Gerücht entstanden. Wir sind uns dessen gar nicht bewusst, weil mit genau solchen Fragen arbeitet heutzutage nicht nur die Boulevardpresse, sondern alle Medien. "Welche Leiche hat der Ehrwürdige Chantasaro im Keller?" Solche Fragen lesen wir doch täglich in irgendwelchen Zeitungen. Auf den ersten Blick scheint es eine sehr harmlose Frage zu sein, kein weltliches Gericht würde jemanden aufgrund so einer Frage verurteilen. Wir müssen uns aber immer wieder vergegenwärtigen, dass hinter allem das Gesetz von kamma und vipāka steckt.
Und dann haben wir noch die schwere Lüge, die Ihr hoffentlich schon überwunden habt. Bleibt noch die Selbstlüge und die Notlüge. Zur Selbstlüge schreibe ich an einem anderen Ort etwas, die Notlüge rechtfertigen wir damit, dass wir niemandem weh tun wollen. Dass wir niemandem weh tun wollen heisst aber nicht, dass wir zum Mittel der Notlüge greifen müssen. Man kann eine Frage auch einfach unbeantwortet lassen. Bedingt natürlich, dass der Fragende nicht auf einer Antwort besteht. Da kommt also die Frau vom Frisör nach Hause und fragt: "Und, wie seh ich aus?" Und schon hat der Ehemann ein Problem, er sitzt zwischen Stuhl und Bank. Lügen oder Wehtun, das ist die Frage. Vielleicht hilft hier eine Antwort wie etwa: "Es freut mich, dass Du zufrieden bist, zur Feier des Tages koche ich heute Dein Lieblingsessen." Obwohl wir nicht die Wahrheit gesagt haben, haben wir nicht gelogen und wir haben niemanden geschädigt, weder die Ehefrau, noch uns selbst. Diesen Trick habe ich von den Thais abgeschaut und mit ein wenig Übung, gelingt der Ausweg immer besser. Oft antworten Thais auf solche Fragen gar nicht, es hat viele Jahre gedauert, bis ich verstanden habe, wieso dem so ist. All die Jahre habe ich meine Thais dazu genötigt, mir eine Antwort zu geben.
Bleibt noch die fünfte sīla. Oft werde ich gefragt, ob ein Glas Wein oder ein Bier erlaubt seien. Die Frage ist falsch gestellt, denn sowohl nein, als auch ja sind nicht richtige Antworten. Wenn Ihr schon einige Meditationserfahrung habt, dann könnt Ihr nach der ersten Stunde ein Glas Alkohol trinken und eine weitere Stunde meditieren. Dann erübrigt sich jegliche weitere Infragestellung dieser Regel. Dann merkt Ihr nämlich am eigenen Leib, welch verheerenden Einfluss Alkohol auf den Geist haben kann und wie wenig Einfluss Ihr dann noch habt.
Nachdem Ihr gelobt habt, Euch in den fünf sīla zu üben, rezitiert der Mönch folgende Textpassage:
"Diese fünf Übungsregeln
bringen einen durch Ethik auf gute Fährte,
bringen einen durch Ethik zu Wohlstand
bringen einen durch Ethik zur Befreiung.
Deshalb möge die Ethik geläutert werden."
Wenn immer wir uns erfolgreich in einer der fünf Regeln üben, können wir ein gutes Gefühl in unserem Herz feststellen, wenn wir gegen eine Regel verstossen, ist ein schlechtes Gefühl vorhanden. Dass wir uns vermehrt auf unsere Gefühle im Herzen achten, kann ich nur wärmstens empfehlen. Aufgrund unserer Gemütsverfassung können wir treffende Rückschlüsse auf unser Handeln schliessen. Es ist unmöglich, etwas Gutes zu tun und sich schlecht zu fühlen und genauso ist es unmöglich, etwas Schlechtes zu tun und sich gut zu fühlen.
Wenn wir das zu Ende denken, sind wir schnell mal bei der zweiten Edlen Wahrheit. Das Gefühl in unserem Herzen entsteht in unserem Herzen aufgrund unseres Herzens, respektive unseres Tuns. Das Gefühl, welches ihr jetzt in Eurem Herzen habt, kommt nicht von mir, kommt nicht aus diesem Text, kommt nicht von dem Tee, den Ihr gerade trinkt, sondern einzig aufgrund Euerer Handlung. Im Moment handelt Ihr vor allem in Gedanken. Ein guter Gedanke lösen ein gutes Gefühl aus. Wir können weder Ursache noch Verantwortung für Gemütsverfassung und Handlung an andere abschieben.
Ein letzter Gedanke zu diesem Thema. Eine jede Verletzung einer dieser Regeln führt uns in die Hölle. Das heisst, dass wir in vergangenen Leben mit der sīla sehr achtsam umgegangen sind, sonst währen wir nicht im menschlichen Daseinsbereich wiedergeboren worden. Unser erstes Ziel soll sein, dass wir uns nicht nur in der sīla üben, sondern dass wir sie einhalten. Sobald sie fest verankert in unserem Wesen ruht, ist die dritte der fünf niederen Fesseln, das nicht konsequente Einhalten der sīla, gelöst. Es bleiben nur noch die erste und zweite Fessel zu lösen und schon haben wir die erste der Befreiungsstufen, den Stromeintritt erreicht. Über diesen Weg schreibe ich an anderer Stelle detaillierte Informationen auf.
Es ist nicht so, dass uns der Erhabene Buddha Freiraum lässt, die Regeln einzuhalten oder nicht, denn diese Macht hatte er ja gar nicht. Das Gesetz von Kamma und Vipāka existiert schon immer und alles in diesem und anderen Universen untersteht dieser Gesetzmässigkeit. Nein, der Erhabene Buddha spornt uns an, uns solange in den Regeln zu üben, bis wir sie einhalten. Mir ist es früher auch passiert, dass ich die falsche Ansicht pflegte und hegte, ich könne frei entscheiden und dann sei trotzdem alles gut.
Hierhin passt das christliche "wehret den Anfängen" perfekt. Die kilesa verführen uns nämlich zu einem Bier, haben wir das Bier getrunken machen sie uns ein schlechtes Gewissen und wir bestellen gleich das zweite und wenn das nicht klappt, dann erpressen sie uns. Es ist sehr viel einfacher, die sīla strikte einzuhalten, als nach gemachten Ausnahmen, wieder auf den rechten Weg zurück zu finden. Bei den Ausnahmen besteht wirklich die Gefahr, dass uns die Handlungsfreiheit entgleitet. Da ist Weihnachten, ein besonderer Tag, ein besonders Essen, die ganze Familie beisammen, da darf man doch ein Glas Wein trinken. Dann kommt aber wenige Tage später Silvester, da darf man doch ein Glas Champagner trinken. Dann kommt der Geburtstag mit Wein, Ostern und Pfingsten mit Wein und schon wir das Wetter so heiss, dass wir unseren Durst den ganzen Sommer über mit einem Bier löschen. Und dann ist schon bald wieder Weihnachten. Von all den Einladungen zu Geburtstagsfesten von Familie und Freunden, vom Urlaub und allen weiteren Ausnahmen habe ich noch gar nicht gesprochen. Wir müssen hier wirklich aufpassen, dass wir auf der sicheren Seite bleiben.
Kamma und vipāka ist wohl die am häufigsten missverstandene Teillehre des Dhamma-Vinaya. Es ist so komplex, dass es noch nicht mal jedem arahat möglich ist, in feine Details einzusehen. Deshalb dürfen wir nicht in die Illusion verfallen, wir würden uns im Thema bestens auskennen. Besonders bei kamma und vipāka ist es ratsam, dass wir uns in Demut üben.
Kamma kann als Tat oder Handlung übersetzt werden. Es gibt kamma gedanklicher, sprachlicher und körperlicher Natur. Das heisst, alles was wir denken, sprechen und mit dem Körper tun ist kamma. Ein jedes Tun hat seine Auswirkung, aus jeder Tat erwächst eine Frucht und das nennt man vipāka. Vielleicht kennt Ihr das Gesetz von Ursache und Wirkung. Die Ursache ist kamma, die Wirkung ist vipāka.
Wir kennen vier Arten von kamma:
Das gute kamma, welches zu guten Resultaten (vipāka) und zu einer guten Wiedergeburt führt;
Das schlechte kamma, welches zu schlechten Resultaten und zu einer schlechten Wiedergeburt führt;
Das gemischte kamma, welches zu gemischten Resultaten und zu einer gemischten Wiedergeburt führt;
Das heilsame kamma, welches zu heilsamen Resultaten, zu einer heilsamen Wiedergeburt und letztlich zur Nicht-Wiedergeburt führt.
Wenn wir einen Stein ins Wasser werfen, dann entstehen im Wasser Ringe. Der erste Ring entsteht im selben Augenblick, wo der Stein die Wasseroberfläche trifft und durchstösst. Alle weiteren Ringe entstehen zeitverzögert. Genau so verhält es sich mit kamma und vipāka. Ein Stein (kamma) führt zu mehreren Ringen (vipāka). Der erste Ring ist der kleinste, es ist das Gefühl, welches in unserem Herzen entsteht, wenn wir etwas tun. Gutes und heilsames kamma führen zu einem Wohlgefühl, schlechtes und gemischtes kamma zu einem Wehgefühl. Wenige weitere kleine Ringe können noch während dem derzeitigen Leben wirksam werden, beispielsweise eine Veränderung von unserem Wesen. Je öfter wir die sīla bewusst einhalten, desto mehr verändert sich unser Wesen, bis es 'in Fleisch und Blut' übergegangen ist. Dann gibt es den äussersten Ring und das ist geometrisch gesehen der grösste aller Ringe. Es ist sinnbildlich jenes vipāka, welches in einer späteren Wiedergeburt aktiv wird.
Weit über 90% unseres derzeitigen Daseins besteht aus kamma, welches wir in früheren Leben geschaffen haben. So ist beispielsweise die Dauer unseres Lebens nicht gross verlänger-, oder verkürzbar. Es sind nur wenige Monate, die wir gewinnen oder verlieren. Die Art des Todes steht auch fest, welche Krankheiten wir bekommen, ob diese Krankheiten heilbar oder unheilbar sind, das alles ist durch kamma aus früheren Leben vorbestimmt. Es gibt im Palikanon einige Stellen, die dies erläutern und wir haben hier im Nordosten von Thailand Belehrungen der Arahat, die wir studieren können. Hier nur einige aufgelistet:
- wer tötet gelangt in die Hölle und hat als Mensch wiedergeboren, ein kurzes Leben;
- wer Hass auslebt, wird einen hässlichen Körper haben:
- wer lügt, wird aus dem Mund stinken, in der Hölle wird ihm ständig die Zunge aus dem Mund gerissen;
- wer geizig ist, wird arm sein;
- wer stiehlt, dem wird in der Hölle die Hände abgehackt und als Mensch wiedergeboren, wird er bestohlen werden;
- wer viel Alkohol trinkt, wird dumm sein;
- wer gierig ist, wird als hungriger Geist (preta). Diese haben einen ganz kleinen Mund, aber einen grossen Bauch. Durch den kleinen Mund können sie nie genug essen reinstopfen, damit sie endlich mal satt sind;
- Neider werden als Menschen wiedergeboren, die keinerlei Einfluss haben werden
- wer grosszügig ist, wir reich sein;
- wer mit dem Körper dient, wird von schöner Gestalt sein;
- wer gute und heilsam Gedanken hegt und pflegt, wird intelligent sein und wenig, geistig schlechtes vipāka (in Form von schlechten Gedanken) haben
- wer freundlich, anständig, respektvoll ist, wird als Mensch geboren, dem genau das entgegengebracht wird und ein angenehmes Wesen besitzen
- Wer ehrlich ist, dem wird, als Mensch wiedergeboren, zugehört werden, seine Worte werden gehört und haben Gewicht.
Jetzt wird es interessant, denn mit diesen Informationen können wir, wenn wir wiedergeboren werden wollen, unser nächstes Leben gestalten. Wir müssen dabei nur eines wissen, es gibt über viele Leben gesehen, kein stetiger Fortschritt hin zum Nochbesseren. Schauen wir das mal im Thema Grosszügigkeit an. Wer viel Geld spendet, wird im nächsten Leben reich sein und er verändert sein Wesen hin zu Grosszügigkeit, weg von Gier und Geiz. Aber, das geht nicht unendlich so weiter. Irgendwann ist das Ende der Fahnenstange erreicht, wir werden zwar als sehr reicher Mensch wiedergeboren, jedoch kippt unsere Eigenschaft der Grosszügigkeit in Geiz. Wir erkennen das bei den reichen Menschen unserer Gesellschaft. Es gibt Milliardäre, die spenden die Hälfte ihres Vermögens. Es gibt aber auch Milliardäre, die sind so geizig, dass sie ihre eigene Kleidung als second hand, kaufen. Die tragen nur gebrauchte Kleidung.
Nun schauen wir an, wie kamma und vipāka in einer alltäglichen Situation funktioniert, das wird sehr oft komplett missverstanden. Wir haben zwei Personen, die Person A und die Person B. Person A schlägt der Person B ins Gesicht. Um zu verstehen, was da geschehen ist, müssen wir diese vermeintlich Situation aufteilen. Wir haben nämlich nicht eine, sondern zwei Situationen. Die Situation A der Person A und die Situation B der Person B.
Schauen wir die Situation A der Person A an. A hat zu 100% freie Entscheidungsgewalt, weil A kamma tätigt. A entschliesst sich zu schlagen, schlechtes kamma ist getan. Erster Ring von vipāka ist das schlechte Gefühl in A's Herzen. Das letzte vipāka von A wird sein, dass die Person A geschlagen werden wird. Als Person A können wir in keinem Fall argumentieren, B oder ein anderer hätten uns zum Schlagen veranlasst. A und ausschliesslich A hat sich entschieden zu schlagen. Er hätte den Schlag aber genau so gut weglassen können. Vielleicht wird A argumentieren, B hätte proviziert oder beschimpft, das ist aber eine Ausrede. Zwar wird in so einem Fall ein weltlicher Richter die schwere der Tat mindern, kamma und vipāka kennen aber keine Gnade, es ist ja nur ein Gesetz welches logisch und folgerichtig funktioniert.
Nun schauen wir die Situation B mit der Person B an. Person B wird geschlagen, was ganz eindeutig B's vipāka ist. Weshalb ist es B's vipāka? Weil B früher geschlagen hat, nur deshalb wird B in dieser Situation auch geschlagen. B's kamma liegt ja in der Vergangenheit, der Schlag kann nicht verhindert werden, der muss ausgeführt werden, damit B's vipāka getilgt ist.
Beide Situationen haben rein gar nichts miteinander zu tun. A kann auf keinen Fall die Ausrede benutzen, B hätte den Schlag verdient. Niemand, auch nicht kamma und vipāka kann B zu dieser Tat zwingen. B hingegen kann dem Schlag nicht entgehen. Wenn A sich gegen das Schlagen entscheidet, wird C, D, E oder F kommen und zuschlagen, es geht gar nicht anders, weil B das kamma bereits getätigt hat.
Ich beschreibe das deshalb so ausführlich, weil wir Menschen dumm sind und unser ganzes Leben lange mit aller Kraft, Zeit und Geld versuchen, unser vipāka abzuändern und dadurch bleibt uns keine Kraft, Zeit und Geld das zu tun, was Sinn macht. Das zu tun, wo wir 100% freie Entscheidungsgewalt haben, uns nämlich einzig und alleine auf kamma zu konzentrieren und nur gutes oder gar heilsames kamma zu tätigen. Es ist wirklich wichtig, dass wir das glasklar sehen und unseren Alltag solange nach kamma und vipāka einsehen, bis wir beginnen, das Richtige, richtig zu tun. Das dies nicht über Nacht geschieht ist hoffentlich allen klar und weil es seine Zeit braucht, ist es weise, sofort damit zu beginnen, anstatt es aufzuschieben.
Nochmals, wir Menschen sind dumm und ich spreche hier ganz explizit vom einzelnen Menschen, von Dir und von mir. Solange wir uns gegen unser vipāka auflehnen, unser bereits geschaffenes vipāka, durch unser früheres kamma in Stein gemeisseltes vipāka, auflehnen und zur Wehr setzen, solange erzeugen wir dukkha in unserem Herzen. Dieses sich gegen das eigene vipāka stellen, es abzulehnen, es zu bekämpfen, ist nur eines, neues schlechtes kamma. So schaffen wir einen Teufelskreislauf und ohne buddhistische Praxis, ohne heilsames kamma, gibt es aus diesem Teufelskreislauf kein entrinnen.
Oft werde ich gefragt, was der Unterschied zwischen gutem und heilsamem kamma ist. Das ist schwer zu erklären und kann nicht an allgemein gültigen Beispielen erklärt werden. Hier bedarf es ein längeres, vertieftes Gespräch um heraus zu bekommen, welche Art es ist. So grob kann man sagen, dass sämtliche buddhistische Praxis, wie sie hier im Walddhamma vorgestellt wird, heilsames oder gutes kamma ist. Wiederholt weise ich darauf hin, dass wir mit zunehmender Praxis an Erfahrung gewinnen und uns dann besser auf unser Gefühl im Herzen verlassen können. Zentral dabei ist aber, dass wir das Gefühl im Herzen und die Gedanken der kilesa auseinander halten können. Aber ich kann Euch beruhigen, da Ihr sowieso den ganzen Tag über vorwiegend schlechtes und gemischtes kamma tätigt, kann es nur besser werden, wenn Ihr mit der Praxis beginnt.
Einen Teil von kamma habe ich unterschlagen, ganz bewusst noch nicht angesprochen. Denn wer diesen Teil fehlinterpretiert, dem droht grosses Unheil. Hinter kamma steckt der Wille, buddhistisch cetanā genannt. Es gibt nämlich Handlungen, welche ohne cetanā ausgeführt werden und die folglich nicht dem Gesetz von kamma und vipāka unterworfen sind. Das zu verstehen ist sehr hohe Schule und benötigt ein hohes Mass an Praxiserfahrung. Deshalb gehe ich hier an dieser Stelle auch nicht weiter darauf ein, wir müssen mit dem arbeiten, was jetzt ist und es ist richtig davon auszugehen, dass jegliche Tat gedanklicher, körperlicher und geistiger Natur kamma ist und vipāka zur Folge hat.
Zum Abschluss noch ein Gedanke, welcher mir sehr geholfen hat, den Weg zu gutem und heilsamen kamma zu gehen. Es hat direkt mit dem Thema anattā zu tun, der Teillehre des Nicht-Selbst. Zwar denken wir Menschen, dass es ein Ich gäbe. Zuerst denken wir, ich bin mein Körper. Dieses Denken ist die erste niedere Fessel. Wenn wir die gelöst haben und klar und deutlich wissen, dass wir nicht der Körper sind, dann glauben wir, Ich bin mein Geist. Das auch diese Ansicht eine Illusion ist und es ein Ich gar nicht gibt, ist die letzte Fessel die wir lösen, bevor wir komplett befreit sind und die Arahatschaft vewirklicht haben. Hier habe ich also eine Zwischenlösung erarbeitet und wenn immer das Ich hochkam, habe ich mir gesagt, Ich bin mein kamma, Ich bin der Herr über mein kamma. Das bedeutet, dass ich mir jeweils eindringlich bewusst mache, dass ich die volle Freiheit über mein kamma habe.
Diese Art von Denken ist die richtige Art, mit dieser Ich-Illusion umzugehen und es ist sehr hilfreich auf dem Weg zur Befreiung. Mir ist bewusst, dass im Palikanon eine Passage drin ist, wo der Erhabene Buddha folgendes sagt:
"Nicht findet man der Taten Täter, kein Wesen das die Wirkung trifft.
Nur leere Dinge zieh'n vorüber: Wer so erkennt, hat den rechten Blick."
Das was der Erhabene Buddha da beschreibt, ist ein Arahat. Der vollkommen Erwachte hat den Kampf gegen sich selbst gewonnen, die Ich-Illusion für immer abgelegt. Wir aber sind noch keine Arahat, wohl finden wir einen Taten Täter und wohl finden wir unser Ich, welches die Wirkung trifft. Ich schreibe das so dezidiert, weil ich mehrere Personen kenne, die sich in diesem Thema verrannt haben. Die befinden sich auf dem Holzweg und das Dramatische daran ist, dass sie niemand von diesem Holzweg runterholen kann, weil sie niemanden als höhere Autorität anerkennen. Alle diese Menschen haben es abgelehnt, den buddhistischen Weg mit einem Lehrer zu gehen, aus welchen Gründen auch immer.
Ein letzter Gedanke zum Thema. Wenn immer Ihr einem sterbenden Wesen begegnet, begleitet es mit sehr lieben Worten in den Tod. Bei einem Menschen, macht den Sterbenden auf seine guten Taten aufmerksam, verhindert, dass sie sich an schlechte Taten erinnert und macht dieser Person auf keinen Fall irgendwelche Vorwürfe. Denn mit dem geistigen kamma, mit welchem der Mensch stirbt, wird es im nächsten Leben als vipāka geboren. Dieser Prozess des Sterbens ist die letzte Möglichkeit, dass wir loslassen, vielleicht sogar das Ich, was vollständiges Erwachen bedeutet. Auf keinen Fall, unter keinen Umständen, sollten wir Sterbehilfe leisten oder gar selbst Hand anlegen. Wir eine Katze vom Auto überfahren, so begleitet diese Katze in den Tod, erzählt ihr vom menschlichen Daseinsbereich, in dem sie wiedergeboren wird und sich dem Dhamma zuwendet. Dass die Katze ein leidvolles Ende nimmt, ist ihr vipāka und wenn ihr das Tier tötet, dann konnte sie ihr vipāka nicht tilgen und wird im nächsten Leben wieder in die Situation kommen, wo sie überfahren werden wird. Denkt daran, wir können vipāka nicht verhindern. Zudem ist töten in jedem Fall schlechtes kamma.
Der Erhabene Buddha hat erkannt, dass es viele Daseinsbereiche gibt, der Palikanon spricht von 33, andere Quellen (berücksichtigt werden nur Arahat der thailändischen Waldtradition) weichen in der Anzahl ab. Was von allen berichtet wir ist, dass der menschliche Daseinsbereich der fünfte von unten ist. Rechnen wir mit den bereits erwähnten, dann haben wir vier niedere, den menschlichen und 28 höhere Daseinsbereiche.
Die vier niederen sind die Hölle, das Dämonenreich, das Geisterreich und das Tierreich. Je niederer der Bereich, desto höher das dukkha. Das bedeutet, dass wir im menschlichen Bereich einen hohen Prozentsatz an dukkha erfahren. Und das ist gut so, denn der Weg des Erhabenen Buddhas handelt von dukkha (erste Edle Wahrheit), der Entstehung von dukkha (zweite Edle Wahrheit), dem Ende von dukkha (dritte Edle Wahrheit) und dem Weg der zum Ende von dukkha führt (vierte Edle Wahrheit). Nur im menschlichen Daseinsbereich ist das Verhältnis dukkha zu sukkha ausgewogen, so dass wir den Edlen Achtfachen Pfad verwirklichen können. In den niederen Daseinsbereichen ist das dukkha zu hoch, in den oberen Daseinsbereichen ist es so wenig.
Die oberen Daseinsbereiche beginnen mit den Welten wo Wesen leben, die wir im Deutschen als Feen und Elfen bezeichnen. Diese Daseinsbereiche sind an die Erde gebunden, weil die Wesen dieser Bereiche an der Erde anhaften. Höhere Daseinsbereiche sind abgekoppelt von der Erde, dort leben die Götter. Der Erhabene Buddha hat alle Daseinsbereiche besucht und die höheren Wesen belehrt und vielleicht kennt Ihr die Erzählung aus dem Palikanon, die besagt, dass wir es einem Bhramanangott zu verdanken haben, dass der Erhabene den Dhamma überhaupt gelehrt hat.
Mir sind nicht wenige Menschen, auch Buddhisten begegnet, die verneinen Himmel und Hölle. Wenn wir aus der Lehre, die in sich selbst perfekt ist, einen Teil herausnehmen, dann fällt die ganze Lehre in sich zusammen und macht keinen Sinn mehr. Deshalb verweise ich hier auf den Artikel mit dem Namen Sich belehrbar machen, falls Ihr auch zu dieser Gattung von Buddhisten gehört. Wer an Himmel und Hölle zweifelt, oder sie gar verneint, bleibt in der Entwicklung stecken und hat zwei Möglichkeiten. Stecken zu bleiben oder der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Der Dhamma ist sofort überprüfbar, Voraussetzung ist natürlich, dass man praktiziert.
Eine wirkliche Überprüfung können wir tun, indem wir in die Daseinsbereiche 'reisen'. Dazu brauchen wir einen ruhigen Geist, dessen Zustand wir upacāra samādhi nennen, die angrenzende Sammlung. Wenn wir unseren Geist so trainiert haben, dass wir diesen Zustand erreichen, dann trennt sich der Geist vom Körper und wir können das 'Reisen' üben. Solange wir das nicht können, behelfen wir uns 'weicheren' Fakten und Vermutungen. Beispielsweise mit einem Blick über den Tellerrand hinaus in andere Religionen, Hinduismus, Judentum, Christentum und Islam berichten auch von Himmel und Hölle. Oder wir blicken in verschiedene Sprachen, alle (die ich spreche) kennen Redewendungen wie etwa "im siebten Himmel sein" oder "Hölle auf Erden" und einige weitere. Oder Metaphern, die auf Zustände hinweisen, die ein Höllenwesen respektive ein himmlisches Wesen hat. "Ruhig Blut", "heissblütig", "Hitzkopf", "auf Wolken sitzen" und andere mehr.
Das Verneinen und auch die schwächere Form das Anzweifeln der Daseinsbereiche ist die zweite (Zweifel; vicikicchā) der fünf niederen Fesseln (samyojana). Um in den Strom eintreten zu können, müssen wir die ersten drei Fesseln lösen. Um die Fessel des Zweifels im Bezug auf Himmel und Hölle lösen zu können, braucht es mehr als nur daran zu glauben, wir brauchen Vertrauen in Buddha, Dhamma und Sangha.
Ein Thema, welches der Erhabene Buddha darlegte, bevor er auf den Kern seiner Lehre zu sprechen kam, ist die Gefahr der Sinnesbegierde, manche übersetzen es auch als Gefahr der Sinnesgenüsse. In der Schule haben wir gelernt, der Mensch hätte fünf Sinne.
- Der Sehsinn, der mittels Augen sieht, Farben und Formen wahrnimmt;
- Der Hörsinn, der mittels Ohren hört, Geräusche wahrnimmt;
- Der Geruchsinn, der mittels Nase riecht, Gerüche wahrnimmt;
- Der Geschmackssinn, der mittels Zunge schmeckt, Geschmäcker wahrnimmt;
- Der Tastsinn, der mittels Körper spürt, körperliche Gefühle wahrnimmt;
Wir haben also jene fünf Sinne gelernt, die der Erhabene Buddha als körperliche Sinne bezeichnet. Die buddhistische Lehre benennt noch einen sechsten Sinn, nämlich den geistige Sinn, der mittels Denken arbeitet. Wieso unsere Schulen diesen Sinn nicht lehren, ist mir ein Rätsel. Die deutsche Sprache kennt diesen sechsten Sinn. Immer dann nämlich, wenn uns etwas 'nicht in den Sinn' kommen will, werden wir an den geistigen Sinn erinnert. Unsere Sprache kennt auch den siebten Sinn, die Vorahnung. Dies kann nur dann der siebte Sinn sein, wenn vor ihm ein sechsten existiert. Für mich sind solche Beispiele etwas wunderschönes, denn wir haben mit dem Deutschen eine weise Sprache. Daraus dürfen wir nicht ableiten, dass wir, die Benutzer dieser Sprache weise wären, aber unsere Sprache beherbergt durchaus viele buddhistische Weisheiten.
Zurück zu den sechs Sinnen und ihren Begierden, respektive den Genüssen. Darin liegt die Gefahr, dass wir uns nicht auf den Weg der Befreiung machen und die Gefahr, dass wir den Weg der Befreiung wieder verlassen.
Um der Gefahr auf die Spur zu kommen, müssen wir hinter Genuss und Begierde schauen und genau hinsehen, wer nach sinnlichen Begierden giert? Es ist die Gier, die nach Begierde giert, so komisch das im ersten Moment klingen mag. Und wo die Gier ist, sind Hass und Verblendung nicht weit. Gier, Hass und Verblendung nennen wir in Pali kilesa. Die Gier will, der Hass will nicht und die Verblendung sorgt dafür, dass wir davon nicht mitbekommen.
Sinnesbegierde und Sinnesgenüsse sind Werkzeuge der kilesa, unserem ärgsten Feind auf dem Weg zur Befreiung. Wenn wir die sīla für Laien genau anschauen, dann hat ein normaler Laien mit den fünf sīla noch keine Einschränkung betreffend Sinnesgenüsse zu erdulden. Wer sich aber dazu entschliesst, zeitweise oder ganz die acht sīla auf sich zu nehmen, der zügelt seine Sinne bereits mit den drei zusätzlichen Regeln und wer sich entscheidet Mönch zu werden, der hat viele weitere Regeln und bei uns Waldmönchen ganz besonders die 13 dhutangā kammatthāna, mit denen er sich schult. Einzelne dieser 13 Übungen können auch für Laien sinnvoll sein, weshalb ich sie unter dem Link Praxis erläutern werde.
Vorerst sollen wir sensibilisiert werden, dass in den Sinnesbegierden Gefahren drinstecken. Beginnen wir genau hinzuschauen, dann erkennen wir sie.
Es gibt vier Stufen der Erwachung. Die erste Stufe nennt sich Stromeintritt, die zweite die Stufe des Einmalwiederkehrers, die dritte die Stufe des Nichtmehrwiederkehrers und die vierte Stufe ist jene des vollkommen Erwachten.
Der Grund, weshalb wir nicht vollkommen erwacht sind ist, dass wir uns an zehn Fesseln gebunden haben. Es gibt fünf niedere und fünf höhere Fesseln. Damit wir in den Strom eintreten können, müssen wir die ersten drei niederen Fesseln lösen. Es sind dies:
1. sakkāya-ditthi, der Glaube, Ich bin mein Körper
2. vicikicchā, der Zweifel
3. sīlabbata-parāmāsa, das Nichteinhalten der fünf sīla und das Überbewerten von Riten und Regeln
Um auf die zweite Stufe zu gelangen und Einmalwiederkehrer zu werden, müssen wir die vierte und fünfte niedere Fessel zu 50% überkommen.
4. kāma-rāga, die Gier
5. vyāpāda, der Hass
Für Laien, jene welche im weltlichen Leben verbleiben wollen, weil die Anhaftung an Familie, Freunde, Haus, Beruf, ... stärker ist als der Wunsch nach Befreiung, ist hier Schluss. Ihr könnt in den Strom eintreten und Ihr könnt Einmalwiederkehrer werden, weiter kommt ihr dann aber nicht.
Der Vollständigkeit halber beschreibe ich den ganzen Weg zu nibbāna.
Der Nichtmehrwiederkehrer hat die vierte und fünfte niedere Fessel gänzlich überwunden. Das bedeutet, erst der anāgāmi hat Gier und Hass gänzlich aus seinem citta entfernt. Da Gier und Hass mit dem Körper verbunden sind, werden wir solange wiedergeboren, bis Gier und Hass überkommen sind. Das hat zur Konsequenz, dass wir uns in unserer täglichen Praxis einzig und alleine mit dem Körper befassen müssen. Die geistigen khandha untersucht nur der anāgāmi um die fünf höheren Fesseln zu lösen und die sind:
1. rūpa-rāga, Begehren nach Feinstofflichkeit
2. arūpa-rāga, Begehren nach Unkörperlichkeit
3. māna, Dünkel
4. uddhacca, Rastlosigkeit
5. avijjā, Unwissenheit
Teillehren
In seiner ersten Lehrrede im Gazellenhein in Sarnath führte Buddha in die vier edlen Wahrheiten ein. Sie sind Grundlage für die gesamte Lehre. Je besser wir sie verstehen, desto besser können wir erkennen, worum es im Buddhismus eigentlich geht.
Es handelt sich um die Wahrheit ...
- von Dukkha
- von der Ursache des Dukkha
- von der Aufhebung des Dukkha
- vom Pfad, der zur Aufhebung des Dukkha führt.
Zuerst müssen wir uns über den Begriff Dukkha klar werden. Vielerorts wird er als Leiden übersetzt. Leiden greift aber zu kurz und somit würden bereits zu Beginn Missverständnisse aufkommen. Also was ist Dukkha?
Dukkha ist Leid; Elend; Unzufriedenheit; Trauer; Unbehaglichkeit; Schmerz; Stress; Bedrückung; nicht zufrieden sein; Enttäuschung; Frustration; Aufregung; Jammer; mit dem vereint sein, was man nicht mag; von dem getrennt sein, was man mag; nicht erlangen, was man begehrt. Dukkha kann grobe Formen annehmen, wie etwas die Unzufriedenheit über das sehr heisse Wetter. Aber es kann auch ganz fein sein, etwa wenn die Suppe ein klein wenig zuviel Salz enthält.
Die Wahrheit von Dukkha
Wir Menschen geben es nicht gerne zu, aber wenn wir ehrlich sind, ist Dukkha ein ständiger Wegbegleiter durch unser Leben. Unser Geist hat sich im Laufe der Evolution so stabilisiert, dass er das Glück sucht, beziehungsweise das Glück herstellt. Das hat ganz unterschiedliche Facetten. Oft genügt es an den kommenden Urlaub zu denken, manchmal braucht es Hilfe von aussen und man isst ein Stückchen Schokolade oder kauft sich das, was man schon länger gerne hätte. Und seien wir ehrlich, zum Glück funktioniert unser Geist auf diese Art und Weise, sonst wäre unser Leben ganz schön trostlos. Buddhisten sehen das aber ein klein wenig anders, denn sie suchen den Ausweg aus dem Dukkha und das fängt halt bei der ersten edlen Wahrheit an. Ich gestehe mir selber ein, dass ich Dukkha habe.
Versuchen wir, noch konkreter zu werden und in die Tiefe zu gehen, denn Buddha machte es uns vor. Speziell erwähnte er folgende Dinge, die Dukkha ausmachen:
- mit Ungeliebtem vereint zu sein
- von Liebem getrennt zu sein
- nicht erlangen, was man begehrt
Nochmals, in der ersten der vier edlen Wahrheiten geht es darum, uns selbst dieses Dukkha einzugestehen. Das ist zwar Dukkha selbst, aber wesentlich heilsamer als weiterhin mit der Maske des Alles in Ordnung einen auf heile Welt zu machen. Diesen Punkt einfach zu tun, ist der erste Schritt zur geistigen Heilung. Das klingt jetzt vielleicht widersprüchlich, aber diesen Widerspruch kannst nur Du alleine entkräften.
Die Wahrheit von der Ursache des Dukkha
Nachdem wir uns eingestehen, dass wir Dukkha haben geht es darum zu verstehen, wie und wo Dukkha entsteht. Was ist der Ursprung, respektive die Ursache von Dukkha? Die Antwort liegt in der zweiten edlen Wahrheit, der Wahrheit von der Ursache von Dukkha.
"Alles Dukkha hat, ohne Ausnahme, seine Ursache in der begierigen Anhaftung." Wie kann das verstanden werden?
Solange wir uns unseren unersättlichen Begierden kampflos hingeben und auch noch glauben, dass wir dadurch glücklicher werden, werden wir von der einen, unbefriedigenden Lebenssituation, in die nächste gezogen. Um die wahren Quellen unseres Dukkhas zu finden, müssen wir in unser Inneres blicken. Dukkha ist nicht etwas, was uns von aussen zugefügt wird und es ist auch nicht Schicksal und Dukkha ist auch nicht etwas, was wir nicht aufhalten können.
Dukkha hat den Ursprung in unseren Anhaftungen. Wen Du hierzu detailliertere Informationen brauchst, lies meinen Text über die drei Kilesa.
Die Wahrheit von der Aufhebung des Dukkha
Die ersten beiden edle Wahrheiten waren "schlechte Nachrichten" und es ist bittere Medizin, sie zu schlucken. Oft ist es so, dass das beste zum Schluss kommt und so ist es auch bei den vier edlen Wahrheiten. Denn jetzt, bei der dritten edlen Wahrheit erkennen wir, dass es einen Ausweg aus Dukkha gibt, Dukkha kann aufgehoben oder zumindest reduziert werden. Hierbei geht es nicht um kurzzeitige Ausserkraftsetzung von Dukkha, sondern um eine schrittweise Eliminierung davon.
Das Zauberwort hier heisst loslassen.
Die drei Kilesa sind die Ursache allen Anhaftens, also werden wir bei den drei Kilesa den Hebel ansetzen. Und wie man das konkret und genau macht, erklärt uns Buddha in der vierten edlen Wahrheit.
Die Wahrheit vom Weg
Um Dukkha aus uns und unserem Leben zu verbannen, müssen wir den Weg beschreiten, den Buddha im achtfachen Pfad erklärt hat. Der achtfache Pfad ist eine do-it-yourself-Anleitung, die zur Aufhebung von Dukkha führt. Bevor wir den achtfachen Pfad anschauen sei darauf hingewiesen, dass jegliche Extreme zu vermeiden sind. Buddha selbst erklärte die Extreme wie folgt:
"Zwei Extreme, Mönche gibt es, denen sich ein Hausloser nie hingeben sollte. Welche zwei? Das ist einerseits das an die Lust des Begehrens nach Sinnesobjekten sich hingeben, dem Niedrigen, Gemeinen, Gewöhnlichen, Unedlen, Sinnlosen und andererseits an die Selbstqual sich hingeben, dem Leidvollen, Unedlen, Sinnlosen, diese beiden Extreme, Mönche, vermieden habend, hat der Vollendete den mittleren Pfad erkannt, den Einsicht gebend, wissend machenden, der zur Beruhigung, Weisheit, Erkenntnis, Nibanna führt."
Der achtfache Pfad ist ein Ratgeber für heilsame Lebensführung, beinhaltet praktische Anleitungen und wird in 3 Hauptgruppen unterteilt. Der erste und zweite Pfad tragen die Überschrift: Einsicht (Paññ ā ). Der dritte, vierte und fünfte Pfad sind Sittenregeln (S ī la). Der sechste, siebente und achte Pfad schließlich, widmen sich der Sammlung (Sam ā dhi). Man muss alle acht Pfadglieder entwickeln, denn sie bedingen sich gegenseitig. Das sittliche Verhalten (S ī la) wird durch die innere Arbeit (Sam ā dhi) gestärkt und aus diesem Produkt entsteht Einsicht (Paññ ā ). Die heilsame Einsicht festigt sowohl das sittliche Verhalten, wie auch die innere Arbeit.
Wer keinen sittlichen Lebenswandel führt, muss sich also nicht wundern, wenn er bei der Meditation keine Ruhe, keinen Frieden findet.
Der achtfache Pfad
1. Rechte Erkenntnis
Ist auf intellektuellem Weg nicht zu erlangen. Es geht nicht um ein oberflächliches Verstehen der vier Edlen Wahrheiten, sondern um ein durch und durch Verständnis, das im GeistHerz entsteht, wenn wir rechtes Streben an den Tag legen, mit der rechten Achtsamkeit leben und uns auf die rechte Art sammeln.
2. Rechte Gesinnung
Auch rechte Absicht genannt bedeutet, selbstsüchtige Einstellungen aufzugeben. Die würden nur zu weiterem Leiden führen. Ersetzen wir sie also durch die Absicht, allen Wesen Glück zu bringen. Ein gewichtiger Anteil hat die liebende Güte (Metta). Wie die rechte Erkenntnis, ist auch die rechte Gesinnung etwas, was wächst und was man nicht herbeireden kann.
Aus der Psychologie kennen wir vier Arten von Liebe.
1. “Ich liebe Dich, so wie Du bist!“
2. “Wenn Du das tust, liebe ich Dich!“
3. “Wenn Du das tust, liebe ich Dich nicht!“
4. “Tu was Du willst, ich liebe Dich nicht!“
Wenn wir unsere Liebe an Bedingungen knüpfen, werden wir in der Folge leiden, weil niemand imstande ist, unsere Bedingungen zu erfüllen. Es gibt nur eine heilsame Art von Liebe und dies ist die bedingungslose.
3. Rechtes Reden
Soviel zum achtfachen Pfad, der uns aus der Verdammnis des Leidens führt. Der erste Schritt ist dabei genau so wichtig, wie der letzte. Wie lange es dauert, bis wir am Ende anlangen, können wir zu einem großen Teil selbst bestimmen. Wenn wir aber unsere Leiden beseitigen, uns von Selbsttäuschung und Illusion lösen wollen, müssen wir irgendwann mal beginnen.
Dukkha wird leider als Leiden ins Deutsche übersetzt, was bei uns zu Missverständnis und Irritation führt. Klar, in seiner schlimmsten Ausprägung ist dukkha, Kummer, Klagen, Schmerz, Trauer und Verzweiflung, so wie wir es tagtäglich bei der Morgenandacht rezitieren. Ja, das ist auch dukkha. Wenn wir aber nur das als dukkha definieren, dann entsteht eine falsche Ansicht. Denn Langeweile, Rastlosigkeit, Unzufriedenheit bis hin zur nicht gänzlich zufriedenstellend, das ist eben auch dukkha.
Nachfolgend habe ich einen älteren, längeren Text eigestellt, der sich mit dukkha im Zusammenhang mit den vier Edlen Wahrheiten befasst.
Die vier Edlen Wahrheiten handeln von Dukkha. Manchmal, wenn ich Texte zu dem Thema lese, dann kommt es mir vor, als sei das recht einfach, um nicht banal zu sagen. Doch wenn es so einfach wäre, warum haben wir die vier Stufen der Erwachung noch nicht erklommen? Die Antwort ist so simpel. Ich habe Dukkha noch nicht verstanden, ich habe die Entstehung von Dukkha noch nicht verstanden, ich habe das Ende von Dukkha noch nicht verstanden und ich habe den Weg, der zum Ende von Dukkha führt, noch nicht verstanden.
Das Verstehen, welches ich hier anspreche hat nichts mit einem verstandesmässigen Verstehen zu tun. Mein Verstand hat Dukkha erfasst, nur ist es noch nicht tief genug eingedrungen, damit es aufgelöst wird. Jedoch bin ich zuversichtlich, dass wenn ich den eingeschlagenen Weg konsequent und kompromisslos weitergehe, am Ende des Weges Dukkha verstanden wurde, die Entstehung von Dukkha verstanden wurde, das Ende von Dukkha verstanden wurde und den Weg, der zum Ende von Dukkha führt, verstanden wurde.
Eine jeder der vier Edlen Wahrheiten beinhaltet drei Aspekte, die verstanden werden müssen. Schauen wir uns die mal genauer an.
Dukkha in der ersten Edlen Wahrheit
Dies nun, ihr Mönche, ist die Edle Wahrheit von Dukkha: Geburt ist Dukkha, Alter ist Dukkha, Krankheit ist Dukkha, Sterben ist Dukkha, Kummer, Jammer, Schmerz, Trübsinn und Verzweiflung sind Dukkha; vereint sein mit Unliebem ist Dukkha, getrennt sein von Liebem ist Dukkha; was man verlangt, nicht erlangen, ist Dukkha. Kurz gesagt: die fünf Faktoren des Ergreifens sind Dukkha. Dies ist die Edle Wahrheit von Dukkha: dabei ging mir, ihr Mönche, bei nie zuvor gehörten Dingen das Auge auf, die Erkenntnis auf, die Weisheit auf, das Wissen auf, das Licht auf. Diese edle Wahrheit von Dukkha ist nun zu durchschauen, dabei ging mir, ihr Mönche, bei nie zuvor gehörten Dingen das Auge auf, die Erkenntnis auf, die Weisheit auf, das Wissen auf, das Licht auf. Diese Edle Wahrheit von Dukkha habe ich nun durchschaut, dabei ging mir, ihr Mönche, bei nie zuvor gehörten Dingen das Auge auf, die Erkenntnis auf, die Weisheit auf, das Wissen auf, das Licht auf.
[Samyutta-Nikaya (= Angereihte Sammlung), LVI, 11]
Die drei Aspekte sind:
- Da ist Dukkha
- Dukkha sollte verstanden werden
- Dukkha wurde verstanden
Dukkha kann von groben Dingen wie Zahnschmerzen, bis zu ganz ganz feinen Dinge wie nicht 100 % zufrieden sein, gehen. Im ersten Aspekt, da ist Dukkha, geht es auch darum, Dukkha überhaupt als Dukkha zu erkennen. Je feiner Dukkha ist, desto schwieriger ist es als Dukkha zu identifizieren.
Wenn ich Dukkha verspüre, und das tue ich mehrmal täglich, dann schaue ich mir das Dukkha mal genauer an. In meinen ersten zwei Monaten taten mir die Beine, die Knie und die Hüften weh, weil ein Mönch am Boden sitzt und zwar mit einem Bein vor dem Körper, wie beim Schneidersitz, das andere Bein ist seitlich des Körpers nach hinten geklappt. Das war für mich sehr grobes Dukkha. Und wenn ich beispielsweise bei einer Zeremonie genau so dasass und Dukkha aufkam, dann versuchte ich dieses Dukkha nicht etwa schnellstmöglichst loszuwerden. Vielmehr nach ich die Chance wahr, das Dukkha zu analysieren, beispielsweise indem ich es zu lokalisieren versuchte. Nun, wenn das linke Knie schmerzt, dann ist nicht das ganze Knie am Schmerzen, sondern nur ein Teil. Also habe ich mich auf die Suche nach dem konkreten Ort des Schmerzes gemacht. Ein anderes Mal habe ich versucht, den Schmerz als solches anzuschauen und mir die Frage zu beantworten, was Schmerz ganz genau ist. Wie fühlt sich Schmerz an? Es gäbe noch unzählige weitere Beispiele, die ich hier niederschreiben könnte, Dukkha ist ja ein sehr weites Feld von Möglichkeiten. Hier geht es aber nicht um eine Aufzählung möglicher Dukkhas, sondern darum zu erkennen, wie man Dukkha verstehen kann, denn wir sind beim zweiten Aspekt, Dukkha sollte verstanden werden.
Der dritte Aspekt, Dukkha wurde verstanden, stellt sich bei jeder vollständigen Untersuchung des gerade vorherrschenden Dukkha ein. Ihr seht, mir wird es wahrlich nicht langweilig hier im Kloster (lach). Laien, die mich unterstützen sind bestrebt, mir mein Leben so bequem wie möglich zu machen. Sie fragen mich, was ich gerne esse und trinke, oder ob ich mir nicht eine Matratze zulegen wolle, damit ich weicher schlafen kann, oder geben mir den Rat, nicht so hart zu praktizieren, oder oder oder. Das ist sehr lieb gemeint und auch eine heilsame Einstellung dieser Laien. Nur würde ich das alles umsetzen, dann würde ich mich des Dukkha entziehen und schon vor der ersten Edlen Wahrheit fliehen. Und wie sagte Ajahn Chah (ein Arahant [vollständig Erwachter], der den berühmten Wat Pah Pong, das internationale Waldkloster Wat Pah Nanachat und viele Zweigklöster auf der ganzen Welt gründete):
"Wir werden nicht Mönche um gut zu essen, gut zu schlafen und konfortabel zu leben, sondern um Dukkha zu kennen und um zu wissen, wie man es nicht verursacht."
Dukkha kann man nur dann verstehen, wenn man Dukkha hat.
Wirklich einschneidend war die Erkenntnis, dass ich das Dukkha nicht als mein Dukkha, oder noch schlimmer als ich Dukkha feststellte. Das erforderte einiges an Achtsamkeit, damit ich mich nicht mit Dukkha identifiziere, oder gar denke, ich selbst sei Dukkha. Es ist ja nicht mein Schmerz, denn wäre er mein, so könnte ich ihn wegschicken. Es ist nicht mein gutes Gefühl, denn sonst könnte ich es für immer und ewig bei mir behalten. Wenn ich also Dukkha erkenne, dann benenne ich es neutral als: "Da ist Dukkha."
Dukkha in der zweiten Edlen Wahrheit
Dies nun, ihr Mönche, ist die Edle Wahrheit von der Leidensentwicklung: Es ist dieser Durst, der Wiederdasein säende, Genügensreizverbundene, dort und dort sich ergötzende, nämlich der sinnliche Durst, der Daseinsdurst, der Nichtseinsdurst. Wodurch entsteht und gedeiht dieser Durst? Wo immer etwas ist, das liebenswert und erfreulich scheint, da entsteht und gedeiht dieser Durst. Dies ist die Edle Wahrheit von der Leidensentwicklung: dabei ging mir, ihr Mönche, bei nie zuvor gehörten Dingen das Auge auf, die Erkenntnis auf, die Weisheit auf, das Wissen auf, das Licht auf. Diese Edle Wahrheit ist nun zu durchschauen durch das Aufgeben der Leidensentwicklung ... Diese Edle Wahrheit habe ich nun durchschaut durch das Aufgeben der Leidensentwicklung: dabei ging mir, ihr Mönche, bei nie zuvor gehörten Dingen das Auge auf, die Erkenntnis auf, die Weisheit auf, das Wissen auf, das Licht auf.
[Samyutta-Nikaya (= Angereihte Sammlung), LVI, 11]
Die drei Aspekte der zweiten Edlen Wahrheit sind:
- Der Ursprung des Dukkha ist das Upādāna am Tanhā
- Upādāna sollte losgelassen werden
- Upādāna wurde losgelassen
Zuerst müssen wir uns klar werden, was Anhaften an Verlangen ist. In Pali nennt man es Tanhā (Verlangen, Begehren, blindes Wollen, törichtes Wünschen). Tanhā entsteht aus Vedanā (Gefühl, Empfindung). Es gibt drei Arten von Vedanā (Wohlgefühl, Wehgefühl und weder Wohl-, noch Wehgefühl). Das Wohlgefühl und das Wehgefühl lässt ein Tanhā entstehen. Bei einem Wohlgefühl wird Tanhā mehr von dem wollen. Bei einem Wehgefühl will Tanhā das nicht haben. Ja, auch etwas nicht haben zu wollen ist Tanhā. Sowohl auf Vedanā, als auch Tanhā haben wir keinen direkten Einfluss, sie sind Konstrukte aus vergangenem Kamma. Aus Tanhā entsteht Upādāna (Anhaften, Festhalten, Anklammern: Töricht an etwas festhalten, Dinge als „Ich“ oder „mein“ betrachten, Dinge persönlich zu nehmen). Upādāna ist Kamma. Hier bei Upādāna haben wir die Wahl, wohin unser Weg gehen soll. Genauer gehe ich darauf im Text über die zwölf Glieder der bedingten Entstehung ein.
Upādāna kann man an verschiedenen Dingen, das geht von materiellen Sachen über geistige Konzepte und endet mit dem eigenen Körper beim Tod. Der Mensch ist ja ein Sammler, manchmal erschrecke ich mich, wie schnell ich Dinge anhäufe. Als ich hier Mönch wurde, bekam ich Zugang zu unserem Lager, wo verschiedene gespendete Sachen aufbewahrt wurden. Am ersten Tag interessierte es mich nicht weiter, ich hatte ja alles bereits bekommen, was ich benötige. Am dritten Tag ging ich ins Lager. Nicht weil ich etwas bestimmtes brauchte, sondern weil ich schauen wollte, was dort alles gelagert ist und was ich von diesen Sachen auch noch brauchen könnte. Es war also nicht ein Mangel an einem bestimmten Gegenstand wie etwa einer Zahnbürste, sondern offensichtlich ein Tanhā, welches mich in die Irre führen wollte. Das ist vergleichbar mit dem Vorgang des Einkaufens. Ich hatte im weltlichen Leben immer ein Zettel in der Küche liegen. Wenn ich merkte, dass mir in kürze das Salz aufgeht, habe ich es auf dem Zettel notiert und konnte dann gezielt einkaufen gehen. Noch früher ging ich einfach einkaufen und sah natürlich sehr viele Dinge, die ich auch kaufte. Nur, Zuhause zeigte es sich dann, dass ich es nicht wirklich brauche, oder dass ich zuviel von diesem oder jenem eingekauft hatte. Auch hier nur zwei Beispiele von sehr vielen, lassen wir uns dadurch in unserem Beobachten von Upādāna nicht einschränken.
Der zweite Aspekt lautet: Upādāna sollte losgelassen werden, nur wie kann man loslassen? Das loslassen als solches geschieht letztendlich von alleine. Was wir in der zweiten Edlen Wahrheit tun können ist, das wiederkehrende Upādāna zu kontemplieren. Wenn in uns drin der Gedanke kommt, "Ich will so sein", "Ich will nicht so sein", "Er sollte nicht so sein", "Ich habe Recht und sie unrecht", "Noch mehr von dem", "Weg mit diesem", dann kontemplieren wir das, was gedacht wurde. Die Fragestellung warum, ist dabei nicht zu vernachlässigen. Warum bin ich eifersüchtig? Warum bin ich geltungssüchtig? Warum bin ich gierig auf dies? Warum fühle ich mich schlecht? Warum halte ich fest? Je mehr wir das Festhalten kontemplieren und untersuchen, desto stärker wird die Einsicht: „Upādāna sollte losgelassen werden.“ Und plötzlich wurde losgelassen. Oft nur eine Einzelheit, aber in diesem Bereich Wunder erwarten ist ja ein Upādāna in sich selbst.
Dukkha in der dritten Edlen Wahrheit
Dies nun, ihr Mönche, ist die Edle Wahrheit von der Leidensauflösung: Es ist eben dieses Durstes restlose Entreizung und Auflösung, von ihm zurücktreten, ihn loslassen, sich von ihm lösen, nicht mehr an ihm haften. Aber wie kann dieser Durst aufgegeben und aufgelöst werden? Wo immer etwas ist, das liebenswert und erfreulich erscheint, da wird der Durst aufgegeben und aufgelöst. Dies ist die Edle Wahrheit von der Leidensauflösung: dabei ging mir, ihr Mönche, das Auge auf, die Erkenntnis auf, die Weisheit auf, das Wissen auf, das Licht auf. Diese Edle Wahrheit ist nun zu durchschauen durch die Verwirklichung der Leidensauflösung ... Diese Edle Wahrheit habe ich nun durchschaut durch die Verwirklichung der Leidensauflösung: dabei ging mir, ihr Mönche, bei nie zuvor gehörten Dingen das Auge auf, die Erkenntnis auf, die Weisheit auf, das Wissen auf, das Licht auf.
[Samyutta-Nikaya (= Angereihte Sammlung), LVI, 11]
Die drei Aspekte der dritten Edlen Wahrheit sind:
- Da ist das Ende von Dukkha
- Das Ende von Dukkha sollte verwirklicht werden
- Das Ende von Dukkha wurde verwirklicht
Wenn wir also wie bei der zweiten Edlen Wahrheit schon angefangen, bei der dritten auch kontemplieren und uns kritisch fragen: Warum ist dieses so? Warum ist jenes so?, dann kommen wir dem Ende ein ganzes Stück näher. Denn plötzlich lassen wir irrige Meinungen los, beispielsweise jene, dass Geld glücklich macht. Oder jene, dass Dukkha unglücklich macht. Oder wir sehen ein, dass ein Festhalten am Selbst, an ICH und MEIN wirklich keinen Sinn ergibt. Die Lehre ist ja immer als Ganzes zu betrachten, in allem steckt Anicca (Wandel), steckt Anattā (Nicht-Selbst), und deshalb entsteht Dukkha. Es sei denn, wir akzeptieren die Dinge genau so, wie sie sind.
Hier im Kloster haben wir sehr viele Hühner und Hähne, Katzen und Hunde. 2008 machten vor allem die Hunde einen grossen Lärm, weil sie sofort bellten, wenn ein fremder Mönch oder ein Laie ins Kloster kam. 2014 haben wir immer noch Hunde hier, nur sind es andere Hunde. Diese hier bellen sehr viel weniger, Anicca. 2008 hatte ich mein Kuti an einem anderen Ort, wo es für Hühner viel weniger zu fressen gibt wie jetzt 2014, wo ich am Wald lebe. Anstatt der bellenden Hunde wie 2008, störten mich die Hühner mit ihren Gackern. Aber dann überlegte ich mir, was und wer stört. Als ich dann endlich ehrlich war, lautete die Antwort, dass etwas in mir drin sich gestört fühlen will und sich da natürlich das Krähen der Hühner als willkommener, aber dennoch vorgeschobener Grund anerbot.
2008, mit den bellenden Hunden, habe ich einfach nicht so weit gedacht, als dass ich das Ende von Dukkha herbeiführen konnte. Jetzt, anfangs März 2014, ist der Lärm kein Thema mehr. Er ist zwar immer noch da, aber das Dukkha ist weg. Das gleiche ist mit den Schmerzen in meinem Knie. Die sind immer noch da, wenn auch viel schwächer als vor Monaten. Aber die Schmerzen sind weder ich noch mein. Sie sind da wie die Nase im Gesicht, wie die fünf Finger an meiner linken Hand, wie die Flasche Wasser, die auf meinem Tisch steht.
Wenn wir so üben, in kleinen Schritten, dann werden die Schritte automatisch immer grösser und ebenso automatisch nähern wir uns den nicht nur dem Ende eines einzelnen Dukkha, sondern dem Ende von Dukkha selbst.
Dukkha in der vierten Edlen Wahrheit
Dies nun, ihr Mönche, ist die Edle Wahrheit von dem zur Leidensauflösung führenden Vorgehen: Es ist eben dieser Edle Achtfältige Pfad, nämlich Rechte Erkenntnis, Rechter Entschluss, Rechte Rede, Rechtes Handeln, Rechter Lebenserwerb, Rechtes Bemühen, Rechte Achtsamkeit, Rechte Sammlung. Dies ist die Edle Wahrheit von dem zur Leidensauflösung führenden Vorgehen: dabei ging mir, ihr Mönche, das Auge auf, die Erkenntnis auf, die Weisheit auf, das Wissen auf, das Licht auf. Diese Edle Wahrheit ist nun zu durchschauen durch das Entfalten des Pfades: ... Diese Edle Wahrheit habe ich nun durchschaut durch das Entfalten des Pfades: dabei ging mir, ihr Mönche, das Auge auf, die Erkenntnis auf, die Weisheit auf, das Wissen auf, das Licht auf.
[Samyutta Nikaya (= Angereihte Sammlung),LVI, 11]
Die drei Aspekte der vierten Edlen Wahrheit sind:
- Da ist der Achtfache Pfad, der Weg, der aus dem Leiden herausführt
- Dieser Pfad sollte verwirklicht werden
- Dieser Pfad wurde voll und ganz verwirklicht
Der Achtfache Pfad unterteilt sich in drei Hauptthemen Paññā, Sīla, Samadhi.
Paññā bedeutet Weisheit, Einsicht, intuitive Erkenntnis, Richtiges Verständnis der Dinge und beinhaltet zwei Pfadglieder:
- Rechts Verstehen
- Rechte Absicht
Sīla habe ich eine eigene Seite gewidmet und beinhaltet drei Pfadglieder:
- Rechte Rede
- Rechtes Handeln
- Rechter Lebenserwerb
Samādhi bedeutet Konzentration, Sammlung, das Sammeln und Ausrichten des geistigen Flusses und beinhaltet 3 Pfadglieder:
- Rechte Anstrengung
- Rechte Achtsamkeit
- Rechte Konzentration
Die einzelnen Pfadgliedern mit ihrer Bedeutung habe ich schon im entsprechenden Beitrag beschrieben. Samādhi ist in den 50er Beiträgen detaillierter erklärt. Mir erscheint wichtig darauf hinzuweisen, dass man nicht einzelne Dinge aus dem Achtfachen Pfad herauspicken kann, nur weil man die anderen nicht umsetzen will. Ohne Samādhi keine Paññā und keine Sīla, ohne Paññā keine Sīla und kein Samādhi und ohne Sīla keine Paññā und kein Samādhi. Die drei sind gleichberechtigt und bedingen sich gegenseitig.
Klar können wir ohne Samādhi Paññā entwickeln, aber nicht in der Qualität, wie wir sie benötigen. Nehmen wir das Beispiel Rechte Rede, worin es nicht nur um lügen oder nicht lügen geht. Wie viele unserer täglichen Gespräche enthalten reines Waschweibergeschwätz, voll von Vermutungen, Spekulationen und Blabla? Wir sind uns dessen nicht mal bewusst, weil wir einfach drauf los sprechen. Ohne die rechte Achtsamkeit sind wir uns nicht gewahr, was aus unserem Mund kommt. Es hat schon seine Gründe, weshalb sich buddhistische Mönche zurückziehen und sich abschotten. Wir leben nach dem Grundsatz, lieber etwas nicht sagen, als etwas zu viel. Laien können sich dem Geschwätz schlechter entziehen. Ich erinnere mich an die Pausen während der Arbeit, wo meine Berufskollegen jeweils die neuesten Meldungen aus der Boulevardpresse diskutierten. Damals habe ich mir die Frage gestellt, was mir fehlen würde, wenn ich keine Zeitungen mehr lesen würde, im TV und Radio keine Nachrichten mehr verfolgen würde. Die Antwort war ernüchternd. Zuerst wehrte ich mich dagegen, es ist doch wichtig auf dem Stand der Dinge zu sein. Aber irgend eine buddhistische Stimme in mir meinte, das alles in den Nachrichten würde mich sowieso nicht betreffen.
Dann erinnerte ich mich an meine Grossmutter und an meine Mutter zurück, welche Seiten sie in der Tageszeitung jeweils aufschlugen. Übrigens, sie sind da nicht die einzigen. Eine wissenschaftliche Studie hat herausgefunden, dass die Todesanzeigen die am öftesten zuerst gelesene Seite in der Zeitung ist. So langsam begann ich zu begreifen, wie die einzelnen Pfadglieder miteinander vernetzt sind und gegenseitig aufeinander aufbauen.
Oder der ganze Bereich Samādhi. Wenn beispielsweise schlecht gehandelt wurde, dann haben wir ein schlechtes Gewissen. Ich spreche hier nicht von eingeredetem schlechten Gewissen, sondern von dem schlechten Gewissen, dass auf ehrlicher Reue beruht. In unseren Gedanken schwirren dann Dinge herum, wir sind nervös, manche knirschen sogar mit den Zähnen, so sehr haben sie daran zu beissen. Ja wie in aller Welt will man mit solch einem HerzGeist in die Ruhe, Achtsamkeit und Konzentration kommen. Wer aber ein reines Gewissen hat, der findet sich bei der Ausübung von Samādhi schnell in einer Verfassung, die zielgerichtetes meditieren zulässt.
Zum Schluss kann ich nur empfehlen, sofort damit anzufangen, den Achtfachen Pfad zu entfalten. Je mehr er sich entfaltet, desto höher wird die Qualität des Lebens. Je höher die Qualität des Lebens wird, desto mehr Freude haben wir. Je mehr Freude wir haben, desto mehr Anstrengung und Willen wenden wir auf, den Achtfachen Pfad zu entfalten und dadurch zeigt wiederum die Qualität des Lebens.
Anicca korrekt oder sinnvoll zu übersetzen ist unmöglich, da es zwei verschiedene Komponente enthält. Die erste ist, dass alles was entsteht, auch wieder vergehen wird. Alles was entsteht, entsteht auf Grund einer Bedingung. In diese erste Komponente gehört auch mit rein, dass alles was geboren wird, auch wieder sterben muss. Zweitens, alles was entsteht, wandelt sich dauernd. Es gibt nichts, was konstant bleibt.
Wir können anicca also als ganzen Satz so übersetzen: Alles was entsteht, wird sich dauernd verändern und muss letztlich vergehen.
Für uns Buddhisten die praktizieren wollen bedeutet der weise Umgang mit anicca, dass wir unsere fünf khandha auf nicca und auf anicca untersuchen. Als khandha kennen wir:
- Körper mit den fünf körperlichen Sinnen (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten)
- Gefühle, entweder körperliche oder geistige Gefühle
- Erinnerung und Assoziation
- Gedanken (mit dem Denken als sechsten Sinn)
- Bewusstsein
Da die Praxis bis hin zum anagāmi die Untersuchung des Körpers und der körperlichen Gefühle beinhaltet, bleiben wir bei diesen zwei khandha. Dazu nehmen wir den Körper auseinander und schauen, ob die Einzelteile nicca oder anicca sind. Bei den körperlichen Gefühlen machen wir genau das Selbe.
Zu Zeiten des Erhabenen Buddhas, bevor er erwachte und das Dhammarad in Bewegung setzte, gab es in Indien viele religiöse Sekten, die unterschiedliche Herangehensweisen und Ideologien vertraten. Betreffend dem Thema Seele teilten sie sich in ein grosses Lager auf, welches an eine Seele glaubte und die Minderheit, welches eine Seele bestritt. Die Mehrheit plädierte für ein attā, die anderen nirattā, Wenn wir diese Sichtweisen auf Deutsch einander gegenüber stellen, erkennen wir, welche Positionen die beiden Gruppierungen eingenommen hatten.
Die einen glaubten an ein Selbst, die anderen an Kein-Selbst. In dieser Situation kommt der Erhabene Buddha, setzt sich mitten zwischen die beiden Meinungen und lehrt das Nicht-Selbst.
Ein Selbst können wir uns sehr gut vorstellen, es ist nämlich das, was wir täglich wahrzunehmen glauben. Das da irgendwo hinter den Augen im Hirn drin ein Ich sitzt, welches sieht, riecht, hört, weiss, denkt, spricht, entscheidet, usw. Damals wie heute ist die absolute Mehrheit der Menschen von diesem Selbst überzeugt. Die andere Seite, es sind die Nihilisten, die behaupten, es gäbe Kein-Selbst. Da es sehr schwer nach zu vollziehen ist, diese nihilistische These zu glauben, sind es auch nur wenige, die daran festhalten.
Der Erhabene sprach über das Nicht-Selbst, was weder ein Selbst bestätigt, noch verneint. "Ja da wirst narrisch", würde mein bayrischer Freund jetzt ausrufen. So unrecht hat er nicht und das hat zwei Gründe. Anattā, die Lehre vom Nicht-Selbst, können wir weder durch denken, noch durch lesen, noch durch reden verstehen. Das geht nur durch unsere Praxis und wir brauchen viele Einsichten in anattā, bevor wir es zu verstehen beginnen. Der zweite Grund ist, dass eine falsche Herangehensweise an anattā dazu führt, auf einen Weg der falschen Ansicht zu gelangen und dieser Wege gibt es einige. Das Ich, oder das Selbst, oder attā besteht als Illusion und erst auf dem Schritt zur vollen Erwachung können wir diese Illusion knacken. Vorher besteht diese Illusion und es ist unmöglich, sie aufzulösen, solange die fünf niederen Fesseln uns noch an die körperliche Geburt binden. Die Ich-Illusion ist eine rein geistige Illusion und mit der Untersuchung des Geistes beginnen wir erst, wenn wir die dritte Stufe der Erwachung erklommen haben und anāgāmi sind.
Bitte nehmt Euch das zu Herzen, weil ich von mehreren Fällen weiss, wo Personen den falschen Weg gewählt haben und jetzt in einer Sackgasse drin stecken. Da sie Lehrer ablehnen, anerkennen sie auch keine Autorität, die ihnen aus dieser Sackgasse heraus helfen könnte. Geht ja auch gar nicht, denn in ihrer Illusion, ist gar niemand in dieser Sackgasse. Dass sie durch ihren Irrweg innerhalb der Ich-Illusion eine Nicht-Ich-Illusion geschaffen haben und dadurch jetzt erstens, in zwei Illusionen drinstecken und zweitens ihr Ego verdoppelten, ist ihnen nicht bewusst, sie gehen ja vom Gegenteil aus.
Wie wir mit anattā umgehen, wird im Praxisteil konkret und detailliert behandelt. Hier und heute wollen wir uns einen Satz ganz gut merken und ihn für unsere Praxis auswendig lernen.
"Das bin ich nicht, das gehört mir nicht, das ist nicht mein Selbst."
Wie bei anicca untersuchen wir das erste khandha des Körpers und vom zweiten khandha die körperlichen Gefühle. Wo in diesen vielen Einzelteilen ist ein Selbst zu finden? Das ist unsere Aufgabe und sie ist für den Stromeintritt sehr wichtig, damit wir die erste der fünf niederen Fesseln ablegen können. Auf diese Art und Weise offenbart sich anattā scheibchenweise von selbst.
Wir, oder besser gesagt, diese Ich-Illusion in uns, muss akzeptieren, dass unser Herz dasjenige ist, was loslassen kann. Und nur unser Herz kann anattā verstehen. Dort wo sich die Ich-Illusion manifestiert, kann dies nicht verstanden werden. Und wir beweisen uns das, indem wir den Erhabenen Buddha selbst zitieren. Von einem Skeptiker wurde er nämlich gefragt, was dann jetzt wahr wäre: "Bist Du nach dem Tod, oder bist Du nicht, nach dem Tod?" Und der Erhabene antwortete:
"Weder bin ich nach dem Tod, noch bin ich nicht nach dem Tod!"
Wir haben mit anicca, anattā und dukkha bereits drei der vier Daseinsmerkmale kennen gelernt. In diesem Artikel wollen wir den Überblick nun vervollständigen und uns asubbha zuwenden. Asubbha fristet in weiten Teilen der buddhistischen Traditionen, ja selbst in einigen Ablegern der Waldtradition ein stiefmütterliches Dasein. Weshalb dem so ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Wenn wir uns aber dem Thema zuwenden und in die Tiefe gehen, vor allem und gerade während der Praxis, dann kann ich mir schon denken, weshalb die allermeisten Lehrer asubbha aussen vor lassen. Der Erhabene Buddha hat dieses Thema nicht ausgelassen und für die dhutangā kammatthāna bhikkhus, gehört asubbha bis zur dritten Stufe des Erwachens, dem anāgāmi, zum Praxisalltag.
Asubbha hat zwei Aspekte, die wir uns ansehen wollen, dann verstehen wir auch sofort, was asubbha bedeutet. Da steckt Unschönheit und Unreinheit drin. Während wir alle davon ausgehen, unser Körper sein rein und schön, ist er in der Wirklichkeit unrein und unschön. Das gilt es im Herzen zu verstehen, dann lässt es den Körper los.
Zweitens, wenn immer wir die Übungen mit asubbha durchführen und hartnäckig genug dran bleiben, kommt Hass hoch. Mal in Form von Ekel, mal in Form einer starken Ablehnung, mal in anderen Form, welche wir immer auf Hass zurückführen können. Um den Hass überwinden zu können, müssen wir ihn erst Mal kennen lernen und wissen, wie er entsteht. die Praxis der asubbha holt diesen Hass hervor und da wir uns in der Praxis in einem Laborähnlichen Zustand befinden, kann er nichts anrichten. Voraussetzung ist, dass wir Übungen nur dann durchführen, wenn wir alleine sind. Dies soll auch eine ernstgemeinte Warnung sein. Ein, durch asubbha ausgelöster Hass, kann nicht kontrolliert werden. Er springt ein jeden an, der sich gerade in unserer Nähe befindet. Also bitte, seid hierin vorsichtig. Wenn wir aber alleine sind, der Hass kommt hoch, dann ist er so gewaltig, dass wir ihn wunderbar untersuchen können. Je reiner der Hass ist, je weniger Verblendung zugegen ist, desto klarer sehen wir Hass, seine Zusammensetzung und seine Quelle.
Genau gleich wie bei anicca und anattā, untersuchen wir unseren Körper im Hinblick auf asubbha und subbha. Beginnen tun wir bei den fünf äusseren Teilen des Körpers, dem Kopfhaar, dem Körperhaar, Zähne, Nägel und der Haut. Wenn wir in einem dieser fünf Teile subbha entdecken, dann lassen wir uns noch an der Nase herumführen. Natürlich ist das lange Haar einer Frau wunderschön, aber doch nur wenn es noch am Kopf angewachsen ist. Kaum fällt es uns in die Suppe, erkennen wir asubbha sehr schnell.
Sehr viele Menschen haben einen hohen Grad der Selbstverleugnung, die behaupten nämlich, sie würden die 'inneren Werte' des Partners lieben und nicht etwa das Aussehen. Diesen Selbstbetrug können wir sehr schnell enttarnen, stellt Euch einfach den Partner vor, wie er nackig vor Euch steht und dann zieht im die Haut ab. Wollt Ihr jetzt wirklich diese blutigen Lippen küssen? Oder wollt Ihr diesen hautlosen Körper umarmen? Hand aufs Herz, Ihr wollt Euch das nicht mal vorstellen, da kommt der Hass in Form von Ablehnung und Ekel schon vorher hoch. Und so langsam wird auch klar, weshalb asubbha nur selten gelehrt wird, Ihr wollt es nicht hören und der entsprechende Lehrer auch nicht. Die asubbha Praxis ist gewöhnungsbedürftig, wie man sich daran gewöhnt, erkläre ich in der Praxis. Sie ist aber ein sehr effizientes Mittel in viele Dinge einzusehen, die uns sonst verborgen bleiben.
Die vier Verdrehtheiten nennt man in Pali vipallāsa und sie bilden einen Teil der falschen Ansicht. Aus den vier Edlen Wahrheiten kennen wir die rechte Ansicht, des Edlen Achtfachen Pfades. Um diese rechte Ansicht zu erlangen, müssen wir uns mit den vipallāsa auseinander setzen und sie in der Praxis einsehen.
1. Das was anicca ist, als nicca ansehen;
2. Das was dukkha ist, als sukkha ansehen;
3. Das was anattā ist, als attā ansehen;
4. Das was asubbha ist, als subbha ansehen.
In der Praxis geht es darum, das erste und die Hälfte des zweiten khanddha dahingehend zu untersuchen, ob sie, wie wir es glauben, nicca, sukkha, attā und subbha sind, oder das Gegenteil. Es geht dabei darum, dass wir uns selbst überzeugen und das geht nur durch wiederholte, praktische Arbeit. Das erste khanddha ist der Fleischkörper mit den fünf körperlichen Sinnen (Sehen, Riechen, Hören, Schmecken und Tasten) und aus dem zweiten khanddha untersuchen wir die körperlichen Gefühle.
Wenn immer wir unseren Körper anschauen, suchen wir darin entweder die Beständigkeit oder die Unbeständigkeit, dukkha oder das Glück, das Selbst, das Nicht-Selbst, das Schöne/Reine oder das Unschöne/Unreine. Es ist zu empfehlen, eines herauszupicken und während der Untersuchung nur das eine zu suchen. Nach einiger Zeit der Praxis merken wir, ob wir eher ein anattā-Typ sind, oder uns anicca mehr anspricht. Keinesfalls vergessen dürfen wir asubbha, den die Praxis der asubbha ist zentraler Bestandteil im Walddhamma.
Khandha gibt es deren fünf, man übersetzt es als Ansammlung, Anhäufung, Daseinsgruppen oder schlichter als Gruppen. Die khandha ist das einzige, was wirklich ist. Alles was wir aus diesen fünf khandha zusammen mischen, ist Illusion. Wir kennen folgende:
- rūpa-khandha, Körper mit den fünf körperlichen Sinnen (sehen, hören, riechen, schmecken und tasten)
- vedanā-khandha, körperliche Gefühle und geistige Gefühle mit je drei Arten (Wehgefühl, Wohlgefühl, neutrale Gefühle)
- saññā-khandha, Erinnerung und Assoziation
- sankhāra-khandha, Gedanken mit dem sechsten Sinn (denken)
- viññāna-khandha, Bewusstsein
Mit diesen fünf Gruppen mischt sich unser Geist seine Illusionen zusammen und diese sind zahlreich. Wissenschaftliche Studien der Psychologen und Neurologen belegen, dass (je nach Studie) 95% bis 97% unseres Lebens Illusion sind und nur 3% bis 5% Realität. Man muss sich diese Zahl mal vorstellen, dann beginnen wir zu begreifen, was Albert Einstein meinte als er sagte, die Dummheit der Menschen sei grenzenlos.
Um uns unsere Illusionen klar zu machen, müssen wir ein jedes Erleben soweit zerlegen, bis wir die Stufe der khandha erreicht haben. Ich erkläre das am Beispiel eines Milchkaffees (Illusion), welcher aus fünf Bestandteilen besteht. Erstens Kaffee, zweitens Wasser, drittens Hitze, viertens Milch und fünftens Zucker. Nur eine Mischung mit allen diesen fünf Komponenten, ergibt einen Milchkaffee. Lassen wir Milch weg, ist es zwar noch ein Kaffee, aber eben keinen Milchkaffee. Lassen wir die Hitze weg, ist es nur kalter Milchkaffee. Es bedarf also einen konkreten Mischung und diese Mischung kann von Fall zu Fall variieren. Ist zuviel Kaffee drin, schmeckt er zu bitter, bei zu viel Zucker, ist er süss.
Genau so verhält es sich mit den fünf khandha, wie sie oben aufgelistet sind. Angst ist eine Mischung aus den fünf khandha, Schmerz genauso, Hunger, Durst, Müdigkeit, und vieles weiteres mehr, ist eine Mischung aus den fünf khandha und deshalb eine Illusion. Nehmen wir beispielsweise Schmerz. Ein jeder Schmerz hat eine andere Zusammenmischung. Selbst wenn wir eine Stunde lang Kopfschmerzen haben, dann ist dieser eine Kopfschmerz in Wahrheit jeden Augenblick neu zusammengemischt. Schmerz besteht immer aus einem körperlichen und einem geistigen Wehgefühl, dann kommen noch ein paar Erinnerung, Assoziationen und das Bewusstsein hinzu und schon hämmert es in unserem Kopf, dass wir meinen, wir müssten die Wände hochgehen. Es ist nicht einfach zu verstehen, wie eine Illusion uns so stark weh tun kann und deshalb halten wir diese Illusion für die Realität.
Zusammen mit den fünf khandha, müssen wir die vier Daseinsmerkmale aufzählen, anicca, anattā, asubbha und dukkha. Alle diese fünf khandha sind anicca, anattā, asubbha und verursachen, wenn wir uns daran festhalten, dukkha.
Gier, Hass und Verblendung nennt man kilesa und übersetzt wird das unglücklicherweise als Befleckungen des Herzens. Wenn es nur Befleckungen wären. Stellt Euch vor, in unserem Herzen hat es Stacheln, die sind innen hohl und darin befindet sich Gift. Ein jedes Mal, wenn so ein Stachel berührt wird, spüren wir einen Schmerz, aus dem Stachel spritzt Gift ins Herz und wie wenn das noch nicht genug wäre, wenn wir diesem Vorgang nichts entgegen setzen, dann wächst der Stachel und die Toxizität des Giftes erhöht sich. Ein jedes bewusstes oder unbewusstes JA zu Gier und Hass, stärkt sie und schwächt das dhamma. Wenn wir es nicht sofort angehen und uns gegen die kilesa auflehnen, dann werden sie so gross, bis wir zum Dieb und/oder Mörder werden. Das mag vielleicht nicht schon in diesem Leben geschehen, aber es wird.
Gier und Hass, anders ausgedrückt bedeutet das "Ich will!" und "Ich will nicht!", oder "Ich mag!" und "Ich mag nicht!" Würden Gier und Hass nur alleine dastehen, dann hätten wir es zwar schwer genug, aber sehr viel einfacher als mit der Verblendung im Hintergrund. Die Verblendung tarnt nämlich Gier und Hass, so dass sie sehr schwer zu erkennen sind. Da nimmt die Verblendung Gier und/oder Hass, verpackt sie in wunderschönes Geschenkpapier, bindet eine rote Schleife drum und schreibt Liebe drauf und alle Menschen denken, die Liebe sei das Gegenteil von Hass. So verblendet sind wir. Ein paar wenige Sprachen kennen die Liebe als Gier, zum Beispiel Spanisch, dort heisst es entweder "Ich liebe Dich" oder "Ich begehre Dich". Ob die spanisch sprechenden Buddhisten auch davon ausgehen, Liebe sei etwas heilsames, entzieht sich meiner Kenntnis. Auch die, in manchen Kreisen lautstark propagierte bedingungslose Liebe, ist pure Illusion. Alle Menschen, die die vierte und letzte Stufe der Erwachung noch nicht erreicht haben, funktionieren auf Bedingungen. Die haben es noch nicht geschafft, sämtliche Bedingungen zu überwinden.
Mir ist auch schleierhaft, weshalb im deutschsprachigen Raum den kilesa so wenig Beachtung geschenkt wird. Schliesslich sind Gier und Hass unsere allerersten Gegner, die wir bekämpfen müssen. So jedenfalls Lehren es die Ehrwürdigen Lehrmeister, jene welche alle Kämpfe gewonnen haben. Und der Erhabene Buddha lehrt uns genau das. Aber wie so oft, es ist harte Arbeit und die scheut der Mensch.
Nehmen wir mal den Hass als Beispiel. Wir lesen in der Zeitung, dass ein Täter eine schlimme Tat begangen hat. Wieso fühlen wir uns eigentlich dazu berufen, den Täter zu verurteilen? Wer bitte schön gibt uns das Recht dazu? Würden wir uns mal überlegen, was die Ursache ist, die einen Menschen zum Täter macht, dann würden wir den Automatismus des Urteilens unterbinden. Der Mensch wird nur dann zum Täter, wenn er hohes dukkha in seinem Herzen hat. Im Augenblick, wenn wir urteilen, ist das bei uns auch der Fall und so werden wir auch zum Täter, auch wenn unsere Tat "nur" das Fällen eines Urteiles ist. Wären wir gute Menschen, dann würden wir mit dem Täter Mitleid empfinden, Mitleid und Wohlwollen. Wir würden wollen, dass es ihm gut geht und er fortan nicht wieder zum Täter wird. Dann, ja dann wären wir gute Menschen. Solange wir aber urteilen, teilen wir Situationen in gut und schlecht, richtig und falsch ein. Und was bitte schön ist das anderes als "Ich mag!" und "Ich mag nicht!"? Was ist das anderes als Gier und Hass?
So töricht sind wir Menschen, dass wir uns von der Verblendung täuschen lassen, wir seien anders und vor allem besser als andere. Und dann laufen wir mit ausgestrecktem Zeigefinger durch unseren Alltag ohne zu merken, dass zwar der eine Zeigefinger weg von uns zeigt, Mittel-, Ring- und kleiner Finger aber auf uns selbst zeigen. Das ist ein Verhältnis von 3 zu 1. Wir müssen aufpassen, liebe Freunde, Scheinheiligkeit trifft gerne auch Buddhisten.